Satire

CW-Wert

19.09.1997

Heute lüftet die COMPUTERWOCHE ein lang gehütetes Betriebsgeheimnis. Anno 1974 hat die Redaktion ein Konzept für Software-Hitlisten erarbeitet, an das wir uns noch heute sklavisch halten - mit dramatischen Folgen. Die Leser werden es gemerkt haben. Noch nie haben wir die beste Software des Jahres ausgerufen. Der Grund liegt in einem K.o.-Kriterium, für das wir von den Teilnehmern aus der Industrie immer wieder als naiv beschimpft werden: In die Wertung gelangt nur fehlerfreie Software.

Um dennoch zu einer Hitliste zu kommen, haben wir ein Alternativ-Konzept erarbeitet, eine Negativliste, sozusagen die virtuelle CW-Zitrone für die Software mit den meisten Fehlern. Zur Seite gefegt wurde die als Einwand vorgetragene Vermutung, die Sache könnte Jahr für Jahr zu(un)gunsten ein und desselben Herstellers ausgehen. Es fielen uns aber dann doch noch mehr Anwärter ein. Wenn wir dennoch bis heute keine CW-Zitrone verliehen haben, so hat das wirtschaftliche Gründe. Selbst ein weltweit agierender Verlag kann sich keine Hundertschaften von Prüfern leisten, die die unzähligen (!) Fehler aus den vielen auszeichnungswürdigen Produkten auflisten. Außerdem sind Zitronen so billig auch wieder nicht. Resigniert kehren wir zum ursprünglichen Verfahren zurück und warten weiter auf fehlerfreie Software. Mal sehen, ob die Ära des Network Computings, der ja alles leichter, schöner und besser macht, uns doch noch ans Ziel unserer Wünsche bringt.