Satire

CW-Wert

12.09.1997

Die Leute vor dem Computer haben aufgehört zu leben. Sagt Wolfgang Joop, Modemacher, in "Talk im Turm". Deshalb bedürfen diese lebenden Toten anderer, berühmterer Zeitgenossen. Die nämlich führten stellvertretend für die in der digitalen Scheinwelt Verrottenden das wahre Leben. Sie merken schon: Irgendwie geht es um Lady Di, selig.

Als Computerbenutzer könnte man sich nun leichttun, solche Einsichten zu kontern. Dann nämlich, wenn man Herrn Joop eine in Maßen eingeschränkte Betrachtungsweise unterstellen würde und eine etwas verquere Art, auf die uns alle bewegenden Dinge dieser Welt zu schauen.

Aber zugegeben: Es geht gar nicht um den Schneidermeister. Eigentlich geht es um Sie, den Leser, und uns, die Redaktion. Wir wollen Ihnen näherkommen. Neulich hat Ihnen ein Kollege schon ums Haar gesagt, wie Mann und Frau hier in den Redaktionsstuben miteinander verkehren. Das hatte was Paparazzimäßiges, aber auch etwas ungemein Nahes, Persönliches. Womit wir beim Kern sind: Unsere Chefs haben zum Tabu erklärt, irgendwo das Thema Di und Dodi auch nur im Halbsatz zu erwähnen. Nicht mal an dieser Stelle, wo die wirklich wichtigen und interessanten Dinge abzuhandeln sind. Wie Sie sich denken können, hing seitdem all unser Trachten, all unser Einfallsreichtum daran, das Thema schlechthin irgendwie in die CW zu schmuggeln.

Ach, Sie haben gedacht, bei uns wird Zeitung nach anderen Gesichtspunkten gemacht? In diesem Fall haben Sie uns heute wieder ein bißchen besser kennengelernt.