Satire

CW-Wert

28.03.1997

Daß die Datenverarbeitung nicht jedermanns Sache ist, ist bekannt. Der Umgang mit Programmen wie MS-DOS und Windows hat das Anwenderlager in pragmatische Minimalisten und weltvergessene Bit-Jongleure gespalten. Die Minimalisten waren bisher in aller Regel schlau genug, den Mund zu halten, wenn sich "Fachleute" im Krypto-Alphabet der Branche unterhielten.

Dieses ungeschriebene Gesetz brechen nur wenige Menschen, Politiker etwa. Ihre Immunität - vor allem die gegen Peinlichkeiten aller Art - versetzt sie in die Lage, über nahezu jedes Thema zu schwadronieren, sogar über Kryptografie. So forderte kürzlich der Vertreter einer bayerischen Volkspartei, die Verschlüsselung von Nachrichten im Internet zu verbieten, sofern die Daten nicht von den Behörden mitgelesen werden könnten.

Neugierig geworden, griffen wir zum Telefonhörer, um die Verschlüsselungs-Vorstellungen des Mannes mit journalistischer Sorgfalt auszurecherchieren. Seine Ausführungen im O-Ton: "Der Rüttgers hat mich schon angesprochen und mir gesagt, daß das alles viel schwieriger sei, meine Forderung sei unrealistisch. Die CSU müsse da noch mal an den Tisch. Es scheint technisch so zu sein, daß wenn ich einen Schlüssel zu einem unbekannten Schloß abgebe, daß ich das alles umgehen kann, und daß, auf gut deutsch gesagt, es Unterschlüssel geben kann und daß Regulierung hier überhaupt ins Leere geht. Ich muß das erstmal verifizieren, ob dem so ist." Auf das ausstehende Kryptogesetz darf man gespannt sein.