Satire

CW-Wert

23.10.1998

Warum so viele Leute ihre schlechten alten Computer nicht austauschen? Wegen der Kraft der frühen Prägung. Sie wirkt auch anderweitig.

Im kalten Februar 1987 ging ein schüchterner junger Mann, der in der Provinz studierte, für ein Verlagspraktikum nach Berlin. Dort geriet er in die Kleine Philharmonie, eine Gaststätte, wie er sie noch nie gesehen hatte. Überall war Plüsch und Samt. Von der Decke hingen Geigen, Bratschen und ein mächtiges Cello. Zu trinken gab es vielerlei, zu essen Würstchen ohne Kartoffelsalat, und auch das nur auf Nachfrage. Daß die Wirtin Wanda hieß, kann man nicht erfinden. Sie lehnte gegen die eine Seite der Theke und beriet zwei Schwule, die gegen die andere Seite lehnten, in Lebensfragen. Einige Stammgäste des Lokals, hörte der junge Mann mit, waren infiziert oder schon tot. Er trat an die Musicbox und wählte einen der wenigen Interpreten, die er, wenn auch nicht als Sänger, kannte. Der Apparat zitterte, dann brummte es monoton. Das war Jean Gabin. Seither liebt der Mann langweilige französische Filme, in denen kaum gehandelt, aber viel gebrummt wird. Und er schreibt mit einer Textverarbeitung, die außerhalb seines PCs praktisch nicht mehr existiert.

Was man einmal schätzen gelernt hat, dem dackelt man fortan hinterher wie die Graugänse dem Konrad Lorenz. Manchmal gelingt es dem Marketing aber doch, die Menschen an etwas Neues zu gewöhnen. So wie jener russische Hund: Kaum fing er an zu sabbern, läutete Pawlow die Glocke. Und selbst Don Quijote ließ irgendwann von den Windmühlen ab und konzentrierte sich auf Dulcinea.