Satire

CW-Wert

05.04.2002

Charles Darwin, der Erfinder der Evolutionstheorie, hätte in unserer Zeit seine helle Freude.

Musste der britische Forscher vor 170 Jahren noch um die ganze Welt segeln, um seine Thesen über die Entstehung der Arten anhand von Finkenschnäbeln zu belegen, finden die Wissenschaftler heute ihre Anschauungsobjekte vor der Haustür: die Menschen. Unsere Gattung scheint auf ihrem steinigen Pfad zur Krone der Schöpfung gerade die nächste Stufe zu erklimmen - vom Homo sapiens zum Homo handyens.

Britische Forscher der Warwick University haben festgestellt, dass sich bei der Gameboy-Generation der Daumen zum muskulösesten und beweglichsten Finger entwickelt hat. Dieses Phänomen habe sich besonders bei Exemplaren unter 25 Jahren beobachten lassen, berichten die Wissenschaftler. Offenbar um mit anderen Artgenossen zu kommunizieren oder Spielinstinkte auszuleben, benutzten Vertreter dieser Gruppe kleine elektronische Geräte, die sich in die Handfläche schmiegen und durch blitzschnelle Tasteneingaben bedienen lassen.

Die Auswirkungen auf die menschliche Evolution liegen auf der Hand. Wer sein Handy am schnellsten bedient, gewinnt das Geschäft, verdient mehr Geld, kann damit bei der Balz die Konkurrenz ausstechen und pflanzt sich letztendlich effektiver fort, als die bemitleidenswerten Vertreter mit langsamen und verkümmerten Daumen. Das ist natürliche Auslese. Wer sich am besten an die Technik anpasst, überlebt.

Irgendwann wird sich der Ausleseprozess in unserem genetischen Code manifestieren. Babys kommen mit einem in alle Richtungen beweglichen viergliedrigen Daumen auf die Welt. Die anderen Finger wachsen zu einer Fläche zusammen. Greifen müssen wir zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr. Das haben computergesteuerte Roboter für uns übernommen. Und die Stufe nach dem Homo handyens? Auf die wird unsere Welt - Darwin hin, Daumen her - wohl endgültig verzichten können.