Satire

CW-Wert

22.08.2003

"Lass Dich nicht erfassen", lautete in den 80er Jahren das Motto der Volkszählungsgegner. Das war ein schöner, sauberer Kampf seinerzeit.

Der Feind war der Überwachungsstaat, sein wichtigster Repräsentant hieß Big Brother. Die Parole: Gegen den gläsernen Menschen! Wir kämpften Seite an Seite, und wir waren uns einig. Eigentlich sind wir es immer noch. Unsere Daten wird der Staat nicht bekommen. Jedenfalls nicht so einfach umsonst.

Unsere Daten gehen an Karstadt, British Petrol und Lufthansa. Dort hat man uns verstanden. Eine Hand wäscht die andere. In der freien Wirtschaft werden gute Informationen gut bezahlt. Bonuspunkte, Bonusmeilen, Bonusprämien - so wertvoll wie ein kleiner Scheck.

Wir wären einen großen Schritt weiter, wenn Schröder, Schily und all die anderen das endlich kapierten. Sie können unsere Daten haben - aber der Preis muss stimmen. Die exakte Quadratmeterzahl unserer Wohnung, wenn wir das Schlafzimmer als Büro absetzen dürfen. Unsere Fahrgewohnheiten, wenn wir aus der Pendlerpauschal-Regelung herausgenommen werden. Unsere gesamte Patientenakte gegen eine schöne neue Porzellankrone.

Aber schnell muss es gehen. Wenn sich die Herren nicht bald melden, werden sie sich ihre Informationen selbst beschaffen müssen. Was für ein volkswirtschaftlicher Aufwand das wäre, wenn Tausende von Beamten im Internet surfen müssten, um die Daten ihrer Bürger zusammenzutragen. Das meiste gibt es dort ja inzwischen umsonst. Glauben Sie nicht?

Dann schauen Sie sich beispielsweise den Routenplaner auf www.telemap.de genauer an. Dort könnten kundige Beamte das gesamte Wohnumfeld ihrer Mitbürger ausforschen. Das wäre etwa für die Baubehörden interessant oder für Sozialämter. Doch wie gesagt, liebe Regierende, bevor Sie googeln lassen, machen Sie uns lieber einen anständigen Preis. Wenn der stimmt, würden wir auch gelegentlich einen Blick über den Nachbarzaun werfen...