Satire

CW-Wert

25.06.2004

Wir Deutschen haben ja schon ein bisschen den Hang zum Selbstzweifel. Das ist - für sich genommen - nicht mal so schlecht. Sagt man doch gerade intelligenten Menschen nach, sie würden besonders gerne Nabelschau betreiben.

Und es gibt ja auch einige Gründe, ins Grübeln zu geraten. Rudis Ratlostruppe in Portugal könnte fast schon beispielhaft für den Zustand einer ganzen Nation stehen: kein Zug nach vorn, lieber der Pass zurück, kein Kreativpotenzial. Auch der Nachwuchs wuselt eher unergiebig, statt in Rooney-Manier zu vollstrecken.

Deutschland, ein Schatten früherer Tage also? Weit gefehlt. Gerade erst hat das Bundeswirtschaftsministerium in seinem siebten Monitoring-Bericht festgestellt, sogar mit der schwierigen Branche Informationswirtschaft gehe es wieder aufwärts. Ist doch mal was Positives.

Was aber noch viel schwerer wiegt: Wir Deutschen sind das "tüchtigste Volk in Europa"! Glauben Sie nicht? Glauben wir ja alle nicht. Aber die anderen denken das über uns. Die anderen, das sind 4000 Leute aus 19 europäischen Ländern, die sich im Zuge einer Reader''s-Digest-Umfrage Gedanken über die Beliebtheit der europäischen Nationen machen sollten.

Okay, so richtig mögen uns unsere Nachbarn nach wie vor nicht. Deutsche laufen unter der Rubrizierung "laut", "unfreundlich", "Antipathie-Träger Nummer 1". Aber man hält uns in Europa nach wie vor für "fleißig" und eben für die tüchtigste Nation des alten Kontinents. Staatsverschuldung? Kein Thema für unsere europäischen Freunde. Maut-Debakel? Netter Treppenwitz.

Mit anderen Worten: Wir Deutschen sollten unseren Ruf als Turniermannschaft weiter fassen und als nationale Bestimmung kultivieren, statt uns selbst zu zerfleischen. Damit es auch in Zukunft heißt: "Aus dem Hintergrund müsste Deutschland machen, Deutschland macht ... Deutschland ist Weltmeister!" Obwohl, wenn ich da an Pisa denke ...