Satire

CW-Wert

21.05.2004

Direkt neben einer der schönsten Fußballarenen der Welt, dem Münchner Olympiastadion, das der FC Bayern beziehungsweise seine Exzellenz, der Kaiser Franz, nicht mehr brauchen, weil wir Steuerzahler zwar kein Geld für Kindertagesstätten im reichsten deutschen Bundesland haben, aber viel Geld für ein neues Fußballdomizil - direkt neben diesem weltweit anerkannt wunderschönen Olympiastadion also steht auch ein Fernsehturm.

Auf diesem hat seit Monaten ein privater Unternehmer eine Webcam installiert, die jeder Internet-Surfer ansteuern kann. Schön an dieser Kamera ist, dass sie eine Zoom-Funktion besitzt. Damit kann man die vor nicht so langer Zeit fertig gestellten und bereits bewohnten Eigentumswohnungen gegenüber genüsslich überfliegen. Man sieht, wer sich auf der Dachterrasse sonnt, wer in einer Wohnung welcher Beschäftigung nachgeht. Fast schon kann man erkennen, ob der Mann da in der Unterhose auch in das Appartement gehört.

Wir finden, das ist gelebte Demokratie, gefördert von einem Privatinvestor, der uns Steuerzahlern unentgeltlich Einblicke in das deutsche Privatleben verschafft, wie es sich selbst unser Bundesinnenminister Otto Schily noch nicht getrauen würde. Und der traut sich einiges.

Angeblich, so sagen Rechtsanwälte, sei es zwar nicht verboten, Webcams in Publikumsbereichen aufzustellen. Hingegen sei es juristisch absolut indiskutabel, solche öffentlichen Augen mit einer Zoom-Funktion auszustatten. Wir können über solche Interpretation deutschen Rechts natürlich nur lachen. Was soll denn eine Kamera, mit der ich nicht hinter die Vorhänge des Nachbarn schauen kann?

Wäre übrigens auch eine überdenkenswerte Offensive in Sachen Terrorismusbekämpfung: Wir plädieren für Webcams vor jedem Haus und für ein Verbot von Vorhängen. Verbrechensbekämpfung gepaart mit Entertainment für alle, finanziert von Privatunternehmen - Otto, was willst du mehr?