CW-Round Table: 30 Jahre Informatik an der TU Darmstadt

29.05.2002
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

AUSTERMÜHL: Ja.

CW: 30 Jahre Informatik - was hat diese Wissenschaft der Welt gebracht?

WEDEKIND: Informatik ist eine Automatisierungswissenschaft, die in den vergangenen Jahrzehnten enorm zur Arbeitsproduktivität beigetragen hat. Allein durch die Textverarbeitung hat sich die Arbeitsproduktivität im Büro verzehnfacht. Das ist allein das Verdienst der Informatik.

MÜHLHÄUSER: Die Automation ist erst der Anfang, wenn wirklich die Alltagsgegenstände alle am Internet hängen. Wir lachen heute über die Vorstellung des Mikrowellenherds, der über das Internet die Auftaudaten der Pizza abruft. Was bringt uns das? So klein und beschränkt ist unsere Phantasie, weil wir die Fähigkeiten dieser Vernetzung noch gar nicht erkennen. Dabei gibt es schon zahlreiche Anwendungen, die der Industrie viel Geld bringen. Wir haben jedoch gar keine Ahnung, was auf uns zukommt. Wir sind verschmolzen mit der Telekommunikation, als nächstes verschmelzen wir in einem neuen Massenmedium, von dem wir auch noch nichts wissen. Wir stehen nach 30 Jahren Informatik absolut am Anfang.

BORMANN: Diese starke Entwicklung in der Technologie, die wir in der Informatik in den vergangenen 30 Jahren hatten, haben wir immer noch. Es gibt ein sehr großes Potenzial. Der Zusammenhang zwischen der rasanten technologischen Entwicklung und den Bedürnissen der Menschen wird in Zukunft auch da sein. Für uns wirft sich die Frage auf: Wo wollen wir hin, was machen wir mit den Möglichkeiten? Das Beispiel mit dem Mikrowellenherd und der Pizza zeigt, dass wir noch nicht genau wissen, wo unsere Ziele liegen. Wir wollen uns nicht nur von den technologischen Möglichkeiten drängen lassen, sondern ein Stück weit in der Produktivität und gesellschaftlichen Entwicklung weiterkommen.

MÜHLHÄUSER: Diese Wechselwirkung zwischen technologischen Möglichkeiten und dem, was wir glauben, das der Markt verlangt, lässt uns immer nur ein Stück weit vorstoßen. Es gibt heute Bereiche, da sieht die Industrie, dass sie harte Dollars verdienen kann. Aber das ist nur die Speerspitze, in Wahrheit liegt die Zukunft in einem Bermuda-Dreieck aus den technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten, der Phantasie derer, die sie treiben, und dem, wie sich die Kundschaft als Ganzes entwickelt. Wir müssen auf ethische Prinzipien achten, mehr Selbstverständnis haben und verstehen, dass die Informatik die Gesellschaft enorm verändert und gleichzeitig verstehen, welche gesellschaftliche Verantwortung wir dabei haben. Nur können wir in dieses Bermuda-Dreieck nicht beliebig hineinschauen.