Italienische Hochzeit

CW intern

05.01.1984

Wer will es Olivetti-Chef Carlo de Benedetti verargen, daß er die Ehe mit "Ma Bell" als Glücksfall feiert (Seite 1). Ihm scheint die Liaison mit dem amerikanischen Telefonriesen AT&T der sicherste Weg, den italienischen Büromaschinen-Konzern auch auf dem Weltmarkt stark zu machen.

Was hätten die Gegner einer Verflechtungsund Beteiligungspolitik, wie sie der temperamentvolle Italo-Schweizer seit fünf Jahren betreibt, ernsthaft vorzubringen? Daß die Ergebnisse früherer Kooperationen, so Ende der sechziger Jahre mit dem damaligen Neu-Mainframer Honeywell oder vor drei Jahren mit Cii-Honeywell Bull über die französische Saint-Gobain-Gruppe, Weltmarktambitionen gewißlich nicht rechtfertigten? Aus "Honeyvetti", argumentieren die Skeptiker, sei bekanntlich nichts geworden. Warum sollte es "OlivATTi" besser ergehen?

In dem Szenario, das de Benedetti von der Informations- und Kommunikationsindustrie der achtziger Jahre zeichnet, ist freilich kein Platz für Skeptiker. Nach Ansicht Benedettis, der Olivetti zum größten europäischen Elektronikunternehmen zusammenfusioniert hat, würden die Kleinen der Branche abgebürstet, wenn sie sich der amerikanischen und japanischen Herausforderung auf dem Gebiet der modernen Kommunikationstechnologie stellten. Von Benedetti stamnst der sarkastische Spruch, daß insbesondere einige deutsche Anbieter Federn lassen müßten, wenn sie sich weiterhin unnahbar zeigten, auf ihre Unabhängigkeit pochten.

Nun gehört keine Prophetie dazu, in "Big Blue" und "Ma Bell" die großen Widersacher von morgen zu sehen und auch die Japaner (5th Generation) als mögliche Gewinner im Visier zu haben. Doch kommen wir auf den Einwand zurück, daß Kooperationen und Beteiligungen Olivetti letztlich bisher kaum etwas gebracht haben. Dazu muß man einige glasharte Fragen stellen, etwa: Welche Telekommunikationsprodukte von AT&T werden die Italiener in Europa vertreiben? Haben sie überhaupt das Know-how dazu? Und passen die amerikanischen AT&T-Geräte in das Büroprogramm von Olivetti? Schließlich: Welchen Vorteil hat der deutsche (französische, englische) Anwender von der amerikanisch-italienischen Freundschaft?

Klar ist, daß sich diese Fragen nicht so einfach beantworten lassen. Jetzt muß de Benedetti ran. Er schuldet noch den wahren Anlaß für dauerhaften Olivetti-Stolz. Global-Rech-

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Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, daß bei der ersten COMPUTERWOCHE-Ausgabe des Jahres 1984, was die Heftstruktur betrifft, einige Umstellungen vorgenommen wurden. Für diese Änderungen gelten folgende Überlegungen: Mit der Umbenennung der Rubriken "Software" in "Software & Service" sowie "Mini & Mikro" in "Personal Computing" sollen die wichtigste Themen des Blattes noch eindeutiger herausgestellt werden. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil CW zunehmend auch von Nicht-DV-Spezialisten wie Topmanagern und Endbenutzern gelesen wird.

Den "Kunden" der Dienstleistungsabteilung DV, des sogenannten "Information Centers", will CW verstärkt auch Themen anbieten, bei denen es um die Gestaltung des (Bildschirm-) Arbeitsplatzes geht, um "Office-Automation" und "Communisation-Management". Der Schwerpunkt dieser Ausgabe befaßt sich deshalb mit dem Problem der Vernetzung von Mikros und Mainframes (Seite 17).