Web

CW-Forum: IT muss mehr zur Wertsteigerung in den Unternehmen beitragen

14.03.2002

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - Kosten-Nutzen-Rechnungen dienen den Unternehmen zurzeit nicht nur dazu, über Sinn und Unsinn von Projekten zu entscheiden. Die Unternehmen müssen sparen - und hier liefert die Berechnung des Return on Investment oft das Argument, ein Projekt zu verweigern. Doch Kostenbetrachtungen im Vorfeld einer Investition reichen nicht. Es muss auch kontrolliert werden, ob die Ziele erreicht wurden.

Die Entmystifizierung der IT hat begonnen. "Noch immer werden Rechner mit enormer Kapazität gekauft, die nach zwei Jahren veraltet sind, bloß weil die IT-Abteilung behauptet, sie würden benötigt", kritisiert Rolf Heiler, Vorsitzender des Vorstands der Heiler Software AG, auf der COMPUTERWOCHE-Podiumsdiskussion im Rahmen des E-Business-Forum auf der CeBIT. Eine Mentalität, die in anderen Unternehmensbereichen kaum vorstellbar ist.

IT muss zum Unternehmenswert beitragen, darin waren sich die Experten einig. "Die IT-Abteilungen müssen das Unternehmensziel im Auge haben und das Geschäft eines Unternehmens verstehen", fordert daher Georg Lukas, Direktor Consultant & Principal, Meta Group Deutschland GmbH. Auch der IT-Bereich müsse seinen Teil dazu beitragen, Werte zu schaffen. Dann würden die DV-Systeme auch nicht nur als Kostenverursacher gesehen.

Nach Ansicht von Lothar Dietrich, Konzern-CIO der Babcock Borsig AG, ist es selbst in Infrastrukturprojekten, deren Kosten sich nicht einfach einem Fachbereich oder Projekt zuordnen lassen, möglich, einen positiven RoI zu erzielen - und zwar, indem man verschiedene Initiativen verknüpft und so für Synergien sorgt. So könnte zum Beispiel ein wegen höherer Kapazitäten benötigter Netzausbau mit der Einführung von Voice-over-IP verbunden werden. So würde der Netzausbau auch Telefoniekosten sparen.

"RoI ist keine Modeerscheinung"

Aber auch die in der Vergangenheit gern bemühten strategischen Projekte kommen heute ohne Kosten-Nutzen-Betrachtung nicht mehr aus. Immer kürzere Innovationszyklen in Verbindung mit einer stärkeren Berücksichtigung des Shareholder Value werden auch in Zukunft bei allen Investitionen entsprechende Überlegungen erfordern, glaubt Heiler: "RoI ist keine Modeerscheinung, sondern ein Zwang aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen."

Deshalb müssen Innovationen nicht auf der Strecke bleiben, hat Hajo Fritz, Ex-CIO der Agis, das ist die IT-Dienstleistungstochter der Allianz, beobachtet. Zum Beispiel seien Geldautomaten von den Banken eingeführt worden, weil damit die Personalkosten für die Geldausgabe reduziert werden konnten. Heute gehören die Apparate dagegen zum Kundenservice. Ohne sie kommt eine Bank nicht mehr aus. So sieht es auch beim Internet-Banking aus, auf das keine Bank mehr verzichten kann egal, was es kostet.

Allerdings fällt der Nutzen einer Investition nach Ansicht von Fritz in den Fachabteilungen an, nicht in der IT-Abteilung. Im Beispiel des Geldautomaten muss also die Filiale dann auch das nicht mehr benötigte Personal abbauen - oder für andere Aufgaben einsetzen. Daher, so Fritz, sei es enorm wichtig, die Anwender bei Projekten, aber auch bei RoI-Betrachtungen mit ins Boot zu holen.

Hierbei spielen verschiedene Kennzahlen, zum Beispiel die Total Cost of Ownership (TCO), eine wichtige Rolle. Sie führen den Anwendern die Kosten einer neuen Technologie vor Augen, die teilweise enorm über den reinen Anschaffungsausgaben liegen. "Diese Zahlen müssen auf den Tisch", so Fritz, damit man über Investitionsentscheidungen vernünftig diskutieren kann. Wichtig ist aber auch, nicht bei den Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen stehen zu bleiben. "Auch das Controlling, ob die prognostizierten Zahlen erreicht werden, ist wichtig", fordert Wolf Diener, Vorstand, Trade2B AG.

RoI-Berechnungen haben ihre Grenzen

Allerdings sind Kostenbetrachtungen kein Allheilmittel. RoI-Berechnungen haben ihre Grenzen, weiß Dieter Sinn, Geschäftsführer Sinn-Consulting. Die Kosten ließen sich noch mehr oder weniger gut erfassen, der Nutzen dagegen nicht. Zum Beispiel nützt ein Intranet in verschiedenen Bereichen: Eine direkte Einsparung könnte sich zum Beispiel dadurch ergeben, dass auf den Druck von Telefonbüchern oder Bedienungsanleitungen verzichtet werden könne. Ein schnellerer Zugriff auf Informationen ist schon schwerer zu quantifizieren, aber auch hier kann man zum Beispiel den Zeitgewinn abschätzen und dadurch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anstellen. Dagegen lassen sich übergeordnete Aspekte wie eine bessere Zusammenarbeit im Unternehmen kaum noch in Euro ausdrücken.

Dass Kostentransparenz sogar nachteilig sein kann, zeigt Heiler auf. Wenn zum Beispiel bei der Einführung eines E-Procurement-Systems die Prozesskosten, also die Aufwände für die Transaktionen, plötzlich dem Anwender in Rechnung gestellt werden, der vorher für eine Bestellung nichts gezahlt hat, dann führt das dazu, dass die neue Software wenig bis gar nicht genutzt wird. So werden die durch E-Procurement möglichen Einsparungen verpasst.

Doch selbst sinnvolle Projekte, die ein Rationalisierungspotenzial bieten und das auch nachweisen können, werden heute nicht immer realisiert - weil die IT-Abteilungen unter Budgetkürzungen leiden und daher sparen müssen. So weist Fritz darauf hin, dass große Teile der Budgets für laufende Kosten ausgegeben werden. Da bleibe oft nicht viel übrig, um neue Projekte anzustoßen - selbst wenn sie die IT-Kosten reduzieren würden. Ein RoI ist also ein gutes Argument für ein neues Projekt - ein Garant dafür, dass es realisiert wird, ist er nicht. (mo)