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25.02.2002
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Anfang März wird die neue Formel-1-Saison in Australien eröffnet. Die einschlägigen Rennställe haben begriffen: Der Wettbewerb um die Gunst der Fans geht im Internet weiter.

Ein Reifenwechsel klappt in sieben Sekunden, getankt wird nebenher, gleichzeitig kratzt ein Helfer tote Mücken vom Visier des Fahrers. Dieser erhält 20 Millionen Euro pro Jahr nur fürs Gasgeben, lernt Boxenluder persönlich kennen, und wenn er mit 250 Stundenkilometern in die Bande knallt, stellt niemand Fragen nach der Selbstbeteiligung: Was für rund 50 Zeitgenossen weltweit Alltag ist, führt bei 500 Millionen regelmäßig zu Emotionen.

Foto: McLaren-Mercedes

Am 3. März ist es wieder so weit, wenn im australischen Melbourne die Objekte der Begierde zur Formel-1-Saison 2002 aus der Boxengasse rollen. Doch nicht nur auf der Strecke tobt der Kampf um die Fangruppen, auch im Internet haben die Veranstalter einen Gang zugelegt. Allen voran fahren die Rennställe, die ihre Jünger mit sämtlichen Informationen rund um die Saison versorgen.

Weltmeisterlich präsentiert sich die Website von Ferrari, das diese Saison mit einem Jahreswagen antritt, damit wenigstens ein bisschen Spannung aufkommt. Statistiken, News, Videos, ein Shop und eine Community für die Fans, alles in schönem Design verpackt, wie man es eben von Italienern erwartet. Einziger Haken: Die interessantesten Informationen gibt es nur gegen Vorkasse. Pro Jahr werden 25 Euro und eine Registrierung fällig, wenn man mit anderen Gläubigen chatten will, hochauflösende Bilder mag und eine eigene E-Mail-Adresse unter der Domain Ferrariworld.com wünscht.

Team-Links

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Ähnlich funktioniert auch das Konzept von McLaren-Mercedes, allerdings berechnet der Stall für die Mitgliedschaft im "Team" stattliche 115 Euro pro Jahr. Dafür kommt auch ein Shirt frei Haus sowie ein gedrucktes Monatsmagazin. Bei BMW-Williams ist es der "Race Club" für 99 Euro, Sauber-Petronas bietet eine "Club Section", die allerdings gerade umgebaut wird. Auch Jordan hat einen Club gegen Mitgliedsgebühr, bei Renault nennt sich die Sektion "Professionals".

Damit haben die meisten Rennställe vollbracht, wovon andere Content-Anbieter seit Jahren träumen: Den Kunden Geld für Informationen aus der Tasche zu ziehen und sie gleichzeitig auf ihre Marke einzuschwören. Zudem kommen die Firmen an die Adressen ihrer Kundschaft heran, die sich auch in der realen Welt für gezielte Marketing-Aktionen ausschlachten lassen. Hier funktioniert das Verhältnis von Angebot und Nachfrage noch.

Doch auch abseits der "offiziellen" Sites lebt das Formel-1-Web, entweder durch die Angebote der diversen Sponsoren, einschlägiger TV-Sender oder schlicht der Fans, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihre digitalen Schnappschüsse massenweise online zu stellen. So findet Google.de "ungefähr" 320.000 Websites zum Thema. Wem jedoch die Formel 1 partout nicht liegt, der kann sich immerhin noch Videos der eindrucksvollsten Unfälle ansehen, bei denen viele Hauptdarsteller endgültig ihren Führerschein abgegeben haben.