CW@HOME: Bessere digitale Fotos und Videos

04.03.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Es könnte sich lohnen, mit der Anschaffung einer digitalen Foto- oder Videokamera ein paar Monate zu warten. Ein neuartiger Bildsensor ermöglicht eine bedeutend höhere Auflösung und bessere Farbtreue. Sigma hat die erste Spiegelreflexkamera mit dieser Technik vorgestellt.

Die Firma Foveon Inc. aus dem kalifornischen Santa Clara hat einen Bildsensor entwickelt, der theoretisch eine dreimal höhere Auflösung als bisherige CCD- oder CMOS-Chips bringt, die in digitalen Foto- und Videokameras verwendet werden. Denn die Sensoren für die drei Grundfarben liegen beim Chip "Foveon X3" nicht neben-, sondern übereinander. Ähnlich wie bei Farbfilmen die Kristalle auf drei Ebenen auf die Grundfarben Rot, Grün und Blau ansprechen, besteht der X3-Sensor aus drei Layern farbspezifisch sensibler Detektoren in Silizium, das Licht je nach Wellenlänge in unterschiedlichen Tiefen absorbiert.

Sigma SD9, die erste Kamera mit dem X3-CMOS-Lichtsensor von Foveon.
Sigma SD9, die erste Kamera mit dem X3-CMOS-Lichtsensor von Foveon.

Das hat mehrere Vorteile: Die wahre Farbe, der Helligkeitswert etc. eines bestimmten Pixels müssen nicht aus benachbarten Werten berechnet werden. Dies reduziert nach Angaben von Foveon zum einen das Datenvolumen eines Bildes, der Speicher einer Kamera fasst mehr Images. Zum anderen entfällt ein durch die Berechnung entstehender "Regenbogeneffekt", der bei geringen Farbdifferenzen auftritt. Die Bilder werden kontrastreicher und schärfer. Außerdem passen bis zu dreimal mehr Lichtsensoren auf einen Chip, was die Auflösung entsprechend erhöht.

Der X3-Sensor hat ein Feature namens "Variable Pixel Size" (VPS). Diese Technik gestattet es, auf Knopfdruck mehrere benachbarte Pixel zu einem Superpixel zusammenzuschalten. Welche Größen diese haben sollen, können die Hersteller in der Embedded-Software ihrer Kameras festlegen. Über diese Funktion ließen sich höhere Lichtempfindlichkeit in dunklen Umgebungen oder schnellere Autofokussysteme erzielen. Oder man nutzt VPS in Camcordern, für die man keine so hohe Auflösung wie in Fotokameras braucht. Dabei wäre es sogar möglich, während des Filmens mit der Videokamera ein hochauflösendes Foto zu schießen.

Bisher hat Foveon zwei Arten der CMOS-Chips X3 hergestellt, von denen für das Digital-Imaging der Typ F7 interessant ist. Er hat eine Auflösung von 2268 mal 1512 mal 3 Pixel bei einer Bilddiagonale von 25 Millimetern und dem Standardseitenverhältnis drei zu zwei. Das führt im Vergleich zur 35-Millimeter-Diagonale eines Normalfilms zu einem Brennweiten-Verlägerungsfaktor von 1,7. Ein Standardweitwinkelobjektiv von 28 Millimetern wird also zum 48-Millimeter-Normalobjektiv. In diesem Punkt bringt der X3-F7 also keine Vorteile gegenüber anderen CCD-Sensoren.

Foveon hat für die Technik in der Industrie Verbündete gefunden. Einer seiner Investoren ist National Semiconductor. Und das Unternehmen kann einen Hersteller vorweisen, der den Sensor in eine Fotokamera einbauen wird. Die Sigma Corp., bekannt als Anbieter preisgünstiger Kameras und Objektive, baut den X3-Sensor in die digitale Spiegelreflexkamera "SD9" ein.

Ein erstes Modell der SD9 hat Sigma soeben auf der US-Fotomesse PMA in Orlando, Florida, vorgestellt. Die gut ausgestattete Kamera verfügt allerdings nur über das Sigma-eigene SA-Bajonett; es lassen sich also keine Objektive von Nikon, Canon etc. anschließen. Bei einer Lichtempfindlichkeit von 100 ISO beträgt die effektive Auflösung 3,54 Megapixel. Die Bildspeicherung erfolgt verlustfrei im RAW-Format (konvertierbar in JPG- oder TIF-Format) auf Compact-Flash-Cards oder IBM-Microdrives. Zur Datenübertragung gibt es die Schnittstellen USB und Firewire/I-Link. Wann und zu welchem Preis das System erhältlich sein wird, ist noch nicht bekannt.