Arbeit 2.0

Crowdsourcing - der neue Weg zu Ideen

11.04.2011
Von 
Lothar Lochmaier arbeitet als Freier Fach- und Wirtschaftsjournalist in Berlin. Er hat sich neben Energiethemen vor allem auf den Bereich Informationstechnologie im Bankensektor spezialisiert.

Offenes Betriebsklima nötig

Foto: Sebastian Schäfer, Capgemini

Der strategische Ansatz hinter dem Crowdsourcing kann in erster Linie auf die interne Wertschöpfungskette und die Mitarbeiter ausgerichtet sein. Andere Initiativen wiederum wenden sich direkt an den Anwender oder Endverbraucher. Gerade die aktive Beteiligung der Kunden am Erfolg oder Misserfolg eines Produkts sei kein idealistischer Selbstläufer, verdeutlicht Sebastian Schäfer, Berater für Business-Information-Management bei Capgemini: "Die Unternehmenskultur ist zweifellos ein zentrales Element für funktionierendes Crowdsourcing."

Wer mehr Offenheit und Beteiligung von seinen Mitarbeitern fordere, so der Experte weiter, müsse sich auch selbst öffnen und lernen, konstruktiv mit Kritik umzugehen. Auch wenn dieser Prozess am Anfang etwas schmerzhaft und unangenehm sei, werde er sich langfristig auszahlen, prophezeit Schäfer. Dies sei jedenfalls besser, als Probleme durch Totschweigen lösen zu wollen, betont der Experte.

"Unternehmen sind zögerlich mit Crowdsourcing, da sie einen Kontrollverlust befürchten", sekundiert Irmgard Glasmacher, Geschäftsführerin CRM beim Beratungshaus Accenture. Um Barrieren abzubauen, rät sie zu einem verstärkten Einsatz von sozialen Medien als Bindeglied zu einer direkteren, gleichwohl jedoch sorgfältig moderierten Kommunikationskultur mit den Kunden.

Im Klartext: "Es gibt kein einziges Beispiel, in dem Crowdsourcing vom Unternehmen ungefiltert übernommen wurde", sagt Glasmacher. Jedoch gehe es darum, den Kunden das Wissensreservoir des Unternehmens zugänglich zu machen, "nicht aus einer altruistischen Einstellung, sondern um selbst davon zu profitieren". Als ideales Wachstumsfeld hat die Expertin das Customer-Relationship-Management identifiziert.

Hierarchien verschwinden nicht

Wie nützlich Crowdsourcing gerade in diesem sensiblen Bereich sei, verdeutlicht Glasmacher am Beispiel der Pharmaindustrie und Gesundheitsbranche. "Inhaltlich neutrale Plattformen intensivieren jenseits von reinem Marketing den Dialog enorm, wenn etwa Ärzte und Patienten offen über neue Produkte diskutieren und die Entwickler daraus direkte oder indirekte Erkenntnisse für deren Gestaltung ableiten", argumentiert Glasmacher. Profitieren könne von diesem Austausch auch der technische Support - durch gezielten Informationsfluss vom und zum Kunden.

Wie man die bestehenden IT-Lösungen am effektivsten andockt, ohne dass dies eine technische "Insellösung" nach sich zieht, skizziert Berater Schäfer von Capgemini.

Demnach kommt es auf den Gleichklang zwischen technischer und organisatorischer Ebene an: "Ein Unternehmen, dem es gelungen ist, im Intranet nicht nur redaktionell bearbeitete Inhalte anzubieten, sondern es auch als Plattform zur unternehmensweiten Kommunikation zu nutzen, braucht keine separaten Tools zum Einleiten eines Innovationsprozesses."

Stattdessen sollten sich die Mitarbeiter offen über Herausforderungen und neue Ideen austauschen. Dabei sei Führung nach wie vor gefragt. "Die Hierarchien werden nicht verschwinden", beschwichtigt Schäfer.

Eine Unternehmenspolitik der vorsichtig geöffneten Grenzen erfordere es allerdings, den Mitarbeitern deutlich mehr Vertrauen entgegenzubringen und ein gewisses Maß an Kontrolle abzugeben. Dies beinhalte auch die finanzielle oder ideelle Anerkennung von Diskussionsbeiträgen, und zwar unabhängig von der Hierarchiestufe oder der eigentlichen Aufgabe des jeweiligen Autors.

Foto: Helena Forest, Deutsche Bank

Allerdings sollte jedes Unternehmen, das von Crowdsourcing profitieren möchte, diesen Schritt sorgfältig planen und präzise ausführen, bilanziert Projekt-Managerin Forest von der Deutschen Bank. Dadurch verringerten sich auch das Kostenrisiko und die Zahl der Fehlschläge, die einem die Community nur schwer verzeihe. "Letztendlich bestimmt der Kunde, ob und welchen Kommunikationsweg er nutzen möchte - das Unternehmen kann hier nur Wünsche äußern."