Crossworlds entläßt Mitarbeiter

Crossworlds entläßt Mitarbeiter Hohe Preise und technische Probleme schrecken Anwender ab

22.01.1999
MÜNCHEN (bs) - Noch vor wenigen Monaten wurde Crossworlds Software als Stern am Softwarehimmel des Silicon Valley gefeiert. Doch dieser Tage gab der Anbieter von Integrationssoftware bekannt, einen Teil seiner Belegschaft zu entlassen.

Vor gut zwei Jahren wurde das Unternehmen in Burlingame, Kalifornien, aus der Taufe gehoben. Mit einer groß angelegten Marketing-Kampagne, bei der die Crossworlds-Chefin Katrina Garnett im "kleinen Schwarzen" posierte, machte das Unternehmen im vergangenen Sommer auf sich aufmerksam. Mehr als eine Millionen Dollar ließ man sich einen Werbefeldzug kosten, in dessen Rahmen die von Crossworlds entwickelte neue Art von Middleware präsentiert werden sollte.

Die Euphorie der Analysten war überschwenglich, und das von ihnen als "Processware" bezeichnete Produkt versprach aus Sicht der Auguren die Lösung vieler Integrationsprobleme. Mit Processware sollen sich nämlich gängige Standardsoftwareprodukte auf der Ebene der Geschäftsprozesse verbinden lassen.

Nun sorgt das Unternehmen erneut für Schlagzeilen - doch diesmal für weit weniger freundliche. Wie es scheint, ist die Finanzdecke der Company zu dünn. Namhafte Unternehmen wie SAP, Baan, Peoplesoft, Clarify und Manugistics haben bislang zwar schon 46 Millionen Dollar als Finanzspritze locker gemacht. Doch wie das "Wall Street Journal" mitteilt, hat Crossworlds-Chefin Garnett bereits eine weitere Kapitalbeschaffungs-Runde eingeläutet. Die Schützenhilfe scheint aus der Sicht von Analysten notwendig, da weltweit erst rund zehn Kunden produktiv seien. Mit weiteren 30 sei man mittlerweile im Gespräch, teilte Peter Prestele, General Manager Deutschland von Crossworlds in München mit.

Ein Grund für den schleppenden Verkauf mag der hohe Preis sein. Die durchschnittlichen Investitionen für die Crossworlds-Software lagen im dritten Quartal des letzten Jahres immerhin bei 800000 Dollar. Weiterer Hemmschuh dürften jedoch auch technische Probleme sein. Die internationalen Referenzen, der britische Telekommunikations-Anbieter Orange Plc. sowie der Netzwerkmulti Bay Networks, der kürzlich von Northern Telecom übernommen wurde, melden Probleme.

Orange setzt die Processware ein, um SAPs R/3 mit dem Front- Office-System von Vantive zu verbinden. Neben diverser Schwierigkeiten mit den Application Programming Interfaces (APIs) führten vor allem Transaktionsverluste zu erheblichen Terminverzögerungen. Die Architektur fange den plötzlichen Ausfall von Servern nicht sauber ab, so daß Transaktionen verlorengingen.

Bei Bay Networks hingegen machen den Anwendern vor allem die langen Antwortzeiten des Systems zu schaffen. In einem auf sechs Monate angelegten Projekt soll hier das Front-Office-System von Clarify mit der R/3-Software durch Crossworlds verbunden werden. Verantwortlich für die schlechte Performance sei die Single- Threaded-Umgebung, die zur Zeit keine Parallel-Verarbeitung ermöglicht. "Das Projekt bei Bay startete Anfang 1997 mit einer Beta-Version unserer Software", erklärt Prestele. Mittlerweile seien die Probleme aus der Welt und der Netzwerk-Gigant habe sogar weitere Lizenzen geordert.

In den USA hat das Unternehmen erste Konsequenzen angekündigt: 15 Festangestellte und weitere fünf freie Mitarbeiter erhielten den Laufpaß. Für Garnett ist das ein "ganz normaler Vorgang", um die Profitabilität der Company zu gewährleisten und sie für den geplanten Börsengang in diesem Jahr vorzubereiten. Hierzulande seien keine Entlassungen geplant, sondern man wolle sogar weitere Mitarbeiter einstellen.

Marktbeobachter wittern jedoch größere Probleme: Es sei in der Branche derzeit nicht üblich, qualifiziertes Personal zu entlassen. Speziell dann, wenn man wie im Fall Crossworlds in einem Segment tätig ist, dem von der Gartner Group Wachstumsraten von bis zu 100 Prozent jährlich prophezeit werden.