IT im Mittelstand

CRM meets ERP - Warum das eine mit dem andern können muss

22.10.2014
Von Ingo Käsehage
Eine enge Verknüpfung von Customer-Relationship-Management- (CRM) und ERP-Software ist mehr als eine Pflichtaufgabe. Sie eröffnet gerade auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zusätzliche Chancen – vom verbesserten Kundenservice bis hin zu neuen Umsatzströmen.

Es gibt nicht viele Unternehmen, die ohne ein ERP-System auskommen. Traditionell ist es so, dass ein ERP-System die Basis für ein Unternehmen darstellt. Die Verwaltung der Produkte und Leistungen eines Unternehmens, die es am Markt anbietet, ist essentiell. Hätte man diese Möglichkeiten nicht, würde das reine Chaos herrschen. Von daher starten die meisten Unternehmen auch mit einem ERP-System und haben bereits entsprechende Erfahrungen gesammelt.

Wenn sich das Geschäft entwickelt, merken die meisten Unternehmen, dass ein ERP-System für die Kundenbetreuung einfach nicht ausreicht und ein CRM-System nicht ersetzen kann. Teilweise versucht man, mit dem ERP-System einfache CRM-Funktionen abzubilden; hier kommt man jedoch erfahrungsgemäß nicht weit.

CRM- und ERP-Systeme sollten in der Praxis reibungslos zusammenspielen.
CRM- und ERP-Systeme sollten in der Praxis reibungslos zusammenspielen.
Foto: Käsehage & Lauterhahn CRM-Beratung GmbH

Wenn man sich für die Anschaffung einer CRM-Software entschieden hat, kommt neben dem allgemeinen CRM-Projekt auch die Fragestellung auf, ob und wie CRM und ERP aneinander angebunden werden können. Der gerne genommene Ansatz "weniger ist oft mehr" gilt hier allerdings nicht. Für einen erfolgreichen Auftritt am Markt bedarf es einer optimalen Anbindung von ERP und CRM.

Welchem System "gehören" die Daten?

Zuerst ist zu entscheiden, welches System für welche Daten die Datenhoheit erhält. Diese Fragestellung ist im Detail oft viel schwieriger, als man im ersten Moment annimmt. Normalerweise liegen die Stammdaten zu Produkten und Kunden im ERP-System und dürfen auch nur dort geändert werden. Informationen zu Änderungen von Stammdaten auf Kundenseite werden allerdings meistens im direkten Kundenkontakt aufgedeckt. Die Mitarbeiter im Vertrieb arbeiten aber klassischerweise mit dem CRM-System, und nicht mit dem ERP. Hier gilt es, für alle Entitäten die Prozesse genau abzustimmen und zu entscheiden,

  • welches System die Datenhoheit hat,

  • welches System in welches schreiben darf,

  • wer wen über Änderungen informiert,

  • wer wo etwas ändern darf bzw. muss und

  • welche Abläufe automatisiert werden können.

In diese Abstimmung entsprechenden Aufwand zu investieren, macht sich im späteren Einsatz einer CRM-Software bezahlt. Dazu drei Beispiele aus der Praxis:

1) Kundenservice: Kundenzufriedenheit durch 360-Grad-Kundensicht

Der Kundenservice arbeitet mit einem entsprechenden Service-Modul inkl. eines Ticketsystems in der CRM-Software. Hier werden alle Kundenanfragen gebündelt, bspw. bei einer Bestellung von Ersatzteilen, Störungen, Reklamationen, Fragen im Bereich des Zahlungsverkehrs usw.

Für den Kundenservice ist es entscheidend, alle Kundenanfragen in der CRM-Software zu kategorisieren und zu priorisieren. Anschließend müssen entsprechende Prozesse greifen, um die Anfrage an die zu bearbeitende Stelle weiterzuleiten. Die Organisation des gesamten Vorfalls erfolgt also im CRM-System.

Die wesentlichen Informationen, die Mitarbeiter zur Bearbeitung von Service-Anfragen benötigen, kommen jedoch aus dem ERP-System. Für den Service-Mitarbeiter ist es essentiell, auf Kundenebene im CRM-System unmittelbar die für ihn relevanten Informationen abrufen zu können, wie bspw. Artikel- und Seriennummern, Preise sowie Wartungszyklen zu allen Produkten, die der Kunde gekauft hat. Darüber hinaus müssen Fragen zu Zahlungsbedingungen und offenen Posten, aber auch zu Vertragsbestandteilen oder Marketing-Aktionen beantwortet werden können.

Wie sehr es sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirkt, wenn der Service-Mitarbeiter Informationen nicht vorliegen hat, weiterverbinden muss oder einen (Tage später erfolgenden) Rückruf ankündigt, kann sicherlich jeder aus eigener Erfahrung beurteilen. Umgekehrt ergibt sich die Chance, aus einer Anfrage mit negativem Hintergrund (z.B. Störungsfall) mit gutem Service den Kunden von seiner Kompetenz und Kundenorientierung zu überzeugen.

CRM meets ERP - Warum das eine mit dem andern können muss
CRM meets ERP - Warum das eine mit dem andern können muss
Foto: Kirill Kedrinski - Fotolia.com

2) Rückrufaktion: Kostenersparnis durch operative CRM-Umsetzung

Anhand einer Auswertung ist aufgefallen, dass sich eine Häufung gleichartiger Service-Fälle ergeben hat. Ursache ist immer ein bestimmtes Produkt oder eine Baureihe. Anhand näherer Untersuchungen konnte anschließend festgestellt werden, dass dieses Produkt mit einem Mangel behaftet ist, der einen Rückruf unvermeidbar macht. Der Anlass gibt natürlich keinen Grund zur Freude. Umso mehr kommt es darauf an, den Vorfall professionell anzugehen und dem Kunden aufzuzeigen, dass man auch in schlechten Zeiten ein verlässlicher Partner ist.

Wie sieht ein konkretes Vorgehen nun aus?

Die Umsetzung wird mit dem Marketing-Modul des CRM-Systems erfolgen. Was normalerweise im Rahmen einer Zielgruppendefinition für Vertriebskampagnen erfolgt, wird nun für eine Rückruf-Kampagne genutzt.

Die Informationen darüber, welcher Kunde das fehlerbehaftete Produkt gekauft hat, sind originär im ERP-System vorhanden. Über die CRM-ERP-Anbindung können die Daten nun auch im CRM-System verfügbar gemacht werden. Über eine Selektion werden im CRM die geeigneten Ansprechpartner abgefragt, ebenso die präferierten Kommunikationskanäle und -merkmale. Die Erstansprache der Kunden, die anschließende Nachverfolgung und die Erfassung der Kundenresponse erfolgen ebenfalls in der CRM-Software direkt in der Rückruf-Kampagne.

Sowohl die Steuerung als auch die operative Umsetzung erfolgt hier mit dem CRM-System. Ein aktueller Stand über den Verlauf der Aktion ist jederzeit auswertbar. Das hätte das ERP-System nicht leisten können. Umgekehrt wäre der Nutzen des CRM-Systems ohne die Informationen aus dem ERP-System nur begrenzt. Ein hoher manueller Aufwand wäre die Folge gewesen. Auch hier zeigt sich, dass ein System alleine in der Situation dem Unternehmen nicht ausreichend weiterhilft: es kommt auf das Zusammenspiel beider Systeme an.

3) Vertriebsmitarbeiter: Ertragssteigerung durch Vertriebshinweise

Der Mitarbeiter im Vertrieb nutzt die CRM-Software in seiner täglichen Arbeit. Ob zur Nachverfolgung von offenen Vorgängen oder zur direkten Vorbereitung von Telefonaten oder Kundenterminen: auch hier benötigt er eine umfassende Sicht auf alle Kundendaten. Neben der reinen Zurverfügungstellung von Daten kann das CRM-System aber noch mehr. Im Rahmen eines analytischen CRMs werden die zur Verfügung stehenden Daten ausgewertet. Auf Basis dieser Auswertung werden anschließend Vertriebshinweise für die Mitarbeiter generiert.

Über das ERP-System wird etwa die Kaufhistorie eines Kunden im CRM-System abgebildet. Durch entsprechende Analysefunktionen und auf Basis einer Kundensegmentierung kann das CRM nun dem Mitarbeiter im Rahmen eines Potenzialmanagements Vertriebshinweise anzeigen. Ziel wird es natürlich sein, die Produkte mit den höchsten Gewinnpotenzialen (Informationen aus ERP oder einem Data Warehouse) und der höchsten Kaufwahrscheinlichkeit (analysiert im CRM auf Basis der Kundensegmentierung und der damit einhergehenden Kundenbedürfnisse) als erstes im Kundengespräch anzubieten.

Dieses Beispiel zeigt ebenfalls, dass die Daten aus dem ERP-System die Basis darstellen, aufgrund dessen in der CRM-Software Prozesse in Gang gesetzt werden.

Fazit

Die Nutzenpotenziale einer guten Anbindung von ERP- und CRM-Systemen sind offensichtlich. Allerdings muss diese auch wirklich reibungslos funktionieren und die Prozesse optimal unterstützen. Hierauf sollten gerade kleinere und mittelständische Unternehmen beim Einführen einer CRM-Software besonders achten und sich gegebenenfalls externe Hilfe holen. (wh)