Big Blue hilft Supercomputer-Crack Steve Chen auf die Beine:

Cray-Entwickler arbeitet mit IBM-Geld

15.01.1988

WHITE PLAINS/NEW YORK (CW) - Was ihm sein Ex-Arbeitgeber, die Cray Research Inc.. nicht ermöglichte, will Supercomputer-Experte Steve Chen nun mit Hilfe der IBM zu Ende bringen: die Entwicklung des Multiprozessor-Rechners MP. Der Zugang zu Chens Know-how war Big Blue eine 20prozentige Kapitaleinlage in Chens neue Firma Supercomputer Systems Inc. wert.

Die Beteiligung an dem erst im Oktober gegründeten Technologieunternehmen mit Sitz in Eau Claire, Wisconsin, markiert eine neue Politik der IBM. Niemals zuvor hatte der Marktführer sich an einem Unternehmen beteiligt, das noch in der Gründungsphase steckt und nicht über ein fertiges Produkt verfügt. Wieviel Big Blue sich den Minderheitsanteil an der Supercomputer Systems Inc. kosten läßt, ist nicht bekannt. Aber allein aus der Tatsache, daß der Konzern Chens Entwicklungsarbeiten finanziert, schließen Branchenbeobachter, daß die IBM es mit dem Einstieg in das oberste Marktsegment jetzt ernst meint. Bisher gibt es im Sortiment der Armonker nur Vektorprozessor-Add-ons zu 3090-Rechnern.

Das nun von Chens Mannschaft zu entwickelnde Computersystem die Rede ist von einem 64-Prozessor-Rechner - soll zwar unter dem Namen Supercomputer Systems produziert, aber von der IBM vermarktet werden. Eine kleine Gruppe von IBM-Wissenschaftlern wird nach der Vereinbarung im Entwicklungsteam mitarbeiten.

Als die Kooperation zwischen Chen und IBM ruchbar wurde, sanken prompt die Aktienkurse von Cray und dem derzeitigen Hauptrivalen Control Data an der New Yorker Börse. Denn es geht um einen Markt, von dem sich die Wirtschaft in den USA viel verspricht: Wissenschaftliche Rechner der gehobenen Klasse sollen der DV-Industrie schon 1990 einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Dollar bringen.