Verluste doppelt so hoch wie Umsatz

CPU will das Prinzip Hoffnung nicht länger strapazieren

08.09.2000
AUGSBURG - Mit der eingeleiteten Restrukturierung ist für die CPU Softwarehouse AG am Ende des Tunnels erst ein schwaches Licht erkennbar. Das neue Vorstandsduo skizzierte auf der Hauptversammlung in Augsburg den zukünftigen Kurs, musste sich von den Aktionärsvertretern allerdings unangenehme Fragen gefallen lassen. Von Andrea Goder*

"Die Gesamtbetrachtung zum 30. Juni 2000 kann man durchaus als Kassensturz begreifen", gab Bernd Erlingheuser, seit Juli neuer CPU-Vorstandschef, vor den in Augsburg versammelten Aktionären frank und frei zu. Mit einem in den ersten sechs Monaten dieses Jahres aufgelaufenen Verlust in Höhe von 21,8 Millionen Mark gehört der schwäbische Anbieter von Finanzsoftware unbestritten zu den größten Geldvernichtungsmaschinen am Neuen Markt. Nicht mit dieser rasanten Entwicklung mithalten konnte dagegen der Umsatz. Die entsprechende Vorjahresmarke wurde mit einem Plus von 3,1 Prozent auf 9,7 Millionen Mark nur geringfügig übersprungen.

Vor den in der Augsburger Schwabenhalle anwesenden Kleinaktionären beteuerte die neue CPU-Führungsspitze, einen "kräftigen Schlussstrich" unter die Vergangenheit ziehen zu wollen. Neben Erlingheuser ist seit August Manfred Köhler der zweite neue Kopf im verkleinerten Vorstand.

Erlingheuser erläuterte in seiner Rede die Neuausrichtung des Unternehmens. Jetzt gehe es vor allem um die Ausweitung der strategischen Geschäftsfelder, die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen sowie um Vertriebs- und Marketing-Anstrengungen. In Zukunft werde CPU nicht mehr nur als Anbieter von Finanzsoftware positioniert sein, sondern den Weg in Richtung Systemhaus gehen.

Um das angeschlagene Unternehmen aus der "akuten Schräglage" zu holen, ist laut Erlingheuser ein stringentes Kosten-Management gefordert. Allein im Personalbereich waren die Ausgaben in den vergangenen Monaten um 40 Prozent gestiegen. Bis zum Jahresende will CPU mehr als 30 der 250 Mitarbeiter (Stand: 30 Juni) entlassen. Auch dem teuren Expansionskurs der letzten Monate soll ein Riegel vorgeschoben werden.

"Unser Weg ist kein 100-Meter-Lauf", der kurzfristig zum Erfolg führt, warnte Erlingheuser vor übertriebenen Hoffnungen. Immerhin rechnet die Augsburger Softwareschmiede bis zum Jahresende mit einem Jahresfehlbetrag von fast 55 Millionen Mark bei rund 20 Millionen Mark Umsatz.

Bei den anwesenden Aktionärsvertretern stieß diese Diskrepanz auf heftige Kritik. "Wenn dieses Unternehmen nicht am Neuen Markt wäre, wäre es längst in Konkurs gegangen", erklärte Peter Friedemann. Der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) e.V. bemängelte vor allem die fragwürdigen Bilanzierungsmethoden der Augsburger. Obwohl in naher Zukunft noch keine Gewinne zu erwarten seien, würden bereits heute latente Ertragssteuern im zweistelligen Millionenbereich aktiviert.

Anstoß nahm der SdK-Vertreter auch an den "vielen Gemeinplätzen" des insgesamt mit "viel Fleiß vorgetragenen Sanierungskonzepts", das in wichtigen Punkten jedoch noch zu vage sei. Außen vor gelassen hätten beide Vorstände beispielsweise das Wettbewerbsumfeld. "Spielen wir im luftleeren Raum, oder kennen wir die Konkurrenten nicht so genau?" so Friedemanns provokative Frage.

Harsche Kritik übte die SdK auch an der fahrlässigen Beteiligungspolitik von Ex-Vorstand Jochen Furch. Acht insgesamt überteuerte Akquisitionen beziehungsweise Beteiligungen innerhalb nur eines Jahres hätten das kleine Softwarehaus fast in den Ruin getrieben.

Auch Markus Jaeckel von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) e.V. in Düsseldorf hinterfragte die kostentreibenden Expansionspläne des alten Managements kritisch. Bis heute blieben die nach dem Börsengang errichteten Tochtergesellschaften in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei weit hinter den Erwartungen zurück.

Aufsichtsrat schaut tatenlos zuDie von den neuen Vorständen ausgegebene Devise "Die Vergangenheit zu den Akten" ließen die Aktionärssprecher so nicht gelten. So stelle sich auch nach dem kompletten Austausch der Führungsmannschaft die Frage, warum der alte Aufsichtsrat, dem auch Vertreter namhafter Banken angehörten, das Unternehmen ungebremst auf seinen Untergang habe zusteuern lassen.

Dass das Augsburger Softwarehaus seit seiner im April 1999 erfolgten Notierung am Neuen Markt eine teure Lektion lernen musste, räumte auch Erlingheuser ein. Ob es allerdings für die arg gebeutelten Aktionäre ein Trost ist, dass CPU am Neuen Markt nicht das einzige Unternehmen ist, dessen Kurs kräftig absackte, wie der Vorstandschef weiter ausführte, bleibt dahingestellt.

*Andrea Goder ist freie Journalistin in München.