Wenig Nutzen und große Verunsicherung der Zulieferer

Covisint - ein 500-Millionen-Dollar-Flop

09.04.2004
MÜNCHEN (rg) - Nach dem Verkauf von Covisint, dem größten elektronischen Marktplatz der Automobilindustrie, fällt die Bilanz für die mit 500 Millionen Dollar ausgestattete Initiative mager aus. Das wenige, was erreicht wurde, hätten die Gründungsmitglieder jeder für sich allein schneller und billiger erzielen können.

Als Anfang des Jahres die Übernahme von Covisint durch Compuware und Freemarkets bekannt wurde (siehe Kasten "Die neuen Besitzer"), rieb sich so mancher verwundert die Augen. Laut "Financial Times" überraschte es viele, dass es den Marktplatz der Automobilindustrie überhaupt noch gab. Ohnehin ist die Zeit, als elektronische Marktplätze die Schlagzeilen beherrschten, vorbei. Nachdem 2003 rund 1500 dieser Internet-basierenden Plattformen existierten, hat sich deren Zahl mittlerweile auf unter 200 reduziert. Bei Covisint sorgten zudem zahlreiche Strategie- und Management-Wechsel, die Uneinigkeit der beteiligten Gründerfirmen sowie technische Probleme dafür, dass die 2000 mit großem Medienecho gestartete Plattform immer mehr aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwand.

Überhöhte Erwartungen

Dabei hatte alles so gut angefangen: Als sich die drei weltweit größten Automobilhersteller 1999 entschlossen, eine gemeinsame Plattform für die Anbindung ihrer Zulieferer aus der Taufe zu heben, war die Euphorie groß. Im Taumel des E-Business-Hypes addierten optimistische Zeitgenossen schlichtweg die Einkaufsvolumina der Gründungsunternehmen und bemaßen danach das Umsatzpotenzial des neuen Sterns am Marktplatzhimmel. Der erhielt im Mai 2000 den wenig einprägsamen Namen Covisint. Die Bezeichnung verdeutlicht den Gründern General Motors (GM), Ford und Daimler-Chrysler zufolge die Grundwerte und Ziele des neu geschaffenen Unternehmens: Verbundenheit (Connectivity), Zusammenarbeit (Collaboration) und Sichtbarkeit (Visibility).

Auf Seiten der Zulieferer war die Aufregung groß. Sie befürchteten, dass Covisint in erster Linie gegründet worden war, um die Einkaufsvolumina der Gründerfirmen wo möglich zu bündeln und so die Preise zu drücken. US-amerikanische und europäische Kartellbehörden signalisierten zwar schnell, dass sie ein solches Vorgehen nicht akzeptieren würden. Die großen Lieferanten (Tier-1-Zulieferer) konnten sich daraufhin jedoch keinesfalls entspannt zurücklehnen. Vor allem das aufkommende Thema Online-Auktionen sorgte für weitere Verunsicherung. "Entsprechende Meldungen in den Medien, aber auch die Statements der beteiligten OEMs sorgten dafür, dass Covisint von den Zulieferern in erster Linie als Auktionsplattform wahrgenommen wurde", erläutert John Sobeck, Leiter Global E-Business beim Zulieferer ZF Friedrichshafen AG, die damalige Situation. So ließ beispielsweise Daimler-Chrysler in einer Pressemitteilung verlauten, im Jahr 2000 Materialien im Wert von 220 Millionen Euro online eingekauft zu haben. Im folgenden Jahr wickelte der Autobauer nach eigenen Angaben bereits 510 Online-Bieteverfahren mit einem Einkaufsvolumen von rund zehn Milliarden Euro ab.

Mit zunehmender Häufung derartiger Meldungen wurden auch die Zulieferer von komplexen Produkten nervös. Sie hatten sich zuvor wegen des hohen Entwicklungsanteils ihrer Teile und Baugruppen noch sicher gefühlt. "Wir dachten anfangs, das bewegt sich auf der Ebene Batterien, Zündkerzen und Scheibenwischer", erinnert sich Sobeck. Dann habe sich allerdings auch sein Unternehmen verstärkt Gedanken gemacht, wie es sich in diesem Bereich aufstellen sollte. So musste geklärt werden, ob dafür im Unternehmen geeignete Prozesse vorhanden und die Verantwortlichkeiten entsprechend geregelt waren.

Aus heutiger Sicht haben die Auktionen ihren Schrecken weitgehend verloren, so Sobeck. Zum einen habe sich herausgestellt, dass die Pressemitteilungen der OEMs zumindest sehr positiv formuliert gewesen seien: "Da ist zum Teil bewusst auf Show gemacht worden." Außerdem hätten sich die Automobilkonzerne mittlerweile von der Idee verabschiedet, komplexe Teile zu verauktionieren. Dies sei auch nie in nennenswertem Umfang geschehen. Produkte mit hohem Entwicklungsanteil würden nach wie vor über die klassische Anfrage eingekauft, wenngleich diese heute auch schon oft elektronisch abgewickelt wird.

Zulieferer unter Druck

Andere Erfahrungen machte hier jedoch die Ina-Schaeffler KG. Der weltweit tätige Anbieter wurde von den Automobilkonzernen via Covisint immer wieder zur Teilnahme an Auktionen aufgefordert. Norbert Winkler, Director E-Business bei Ina/Fag, ist davon wenig begeistert. Bei Auktionen zähle einzig der Preis. Das Leistungsportfolio des Anbieters lasse sich hier nicht darstellen. Es gehe aber nicht nur um das eigentliche Produkt, sondern auch um weitere Faktoren wie gemeinsame Entwicklungsleistungen, Lieferzuverlässigkeit, Qualitätsstandards und technische Beratung. Wälzlager seien Hochpräzisionsteile und keine Commodity-Produkte. Die Auktionsveranstalter hätten deshalb mitunter böse Überaschungen erlebt: "Es ist schon vorgekommen, dass ein Graumarktanbieter den Zuschlag erhalten hat und der Automobilhersteller einige Wochen später mit dem gleichen Auftrag bei uns auf der Matte stand", so der E-Business-Verantwortliche. Die Schaeffler-Gruppe habe daher beschlossen, vor einer Auktion das Gespräch mit den Kunden zu suchen und den diesbezüglichen Ina-Standpunkt darzulegen.

Auch Winkler beobachtet, dass die Autobauer mittlerweile vorsichtiger geworden sind. Andererseits gebe es bei den großen Konzernen immer wieder einzelne Bereiche, die neue Auktionsversuche starteten. Insgesamt hätten die Versteigerungen die Bereitschaft der Zuliefer, an Internet-basierenden Geschäftsabläufen teilzunehmen, nicht gefördert: "Das ganze Thema E-Business ist durch die Auktionen in Verruf geraten", so Winkler.

Roland Bogaschewsky, Professor am Lehrstuhl für BWL und Industriebetriebslehre an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg, stellt fest, dass Großkonzerne versuchen, vieles zu standardisieren, um es auktionsfähig zu machen. Wo dies möglich sei, werde diese Beschaffungsform mehr denn je genutzt, auch wenn darüber öffentlich nicht mehr gesprochen und teilweise sogar Stillschweigen vereinbart werde. Wenig nachvollziehbar findet der ausgewiesene E-Business-Spezialist und Vorstand des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) allerdings, dass die Automobilkonzerne ihre Auktionen über eine gemeinsame Plattform abwickeln. Covisint habe in diesem Bereich keinen großen Vorteil gegenüber anderen Auktionsdienstleistern aufgewiesen. Entsprechende Software-Tools seien mittlerweile fast Shareware, und bei den ergänzenden Dienstleistungen gebe es kaum Skaleneffekte. Die mühsame Vorbereitung inklusive Eingrenzung der Anbieter, Vorverhandlungen oder Qualitätsprüfungen laufe nach wie vor konventionell, also im eigenen Unternehmen. Heute gebe es viele Dienstleister, die sowohl die Tools als auch das notwendige Branchen-Know-how besäßen.

Betreiber werden sich nicht einig

Auch in einem zweiten Bereich der elektronischen Beschaffung, dem Einkauf über elektronische Kataloge, habe Covisint keine besonderen Erfolge vorzuweisen, so Bogaschewsky. Hier hätten die Betreiber erkennen müssen, dass ihre individuellen Anforderungen zu weit auseinander gelegen hätten. Elektronische Kataloge dienen in erster Linie dazu, Beschaffungsprozesse effizienter zu gestalten. Laut Bogaschewsky sind diese Abläufe weitgehend standardisierbar und lassen sich durchaus in Software gießen. Jedes Unternehmen zeichnet sich jedoch durch zahlreiche Besonderheiten und verschiedene Organsiationsstrukturen aus. Spätestens bei der Verknüpfung mit den Backend-Systemen hörten alle Gemeinsamkeiten auf. "Bei der Größe der beteiligten Automobilhersteller lohnt es sich, das selbst in die Hand zu nehmen. Die brauchen dafür keinen Dienstleister", so der Marktplatzspezialist. Der organisatorische Durchgriff und die Flexibilität seien um ein Vielfaches höher, wenn eine derartige Lösung im Unternehmen selbst betrieben werde.

Der katalogbasierende Einkauf ist nur ein Beispiel für viele Bereiche, wo es Covisint nicht gelang, Prozesse und Applikationen zumindest für die Gründungsmitglieder zu standardisieren. So räumte Covisint 2003 bei einem seiner in Deutschland seltenen öffentlichen Auftritte ein, sich anfangs stark auf Applikationen konzentriert zu haben. Die Geschäftspartner seien jedoch nicht bereit gewesen, Standardprozesse einzusetzen, so Covisint-Manager David Kümpel bei einem Vortrag im Rahmen des Kongresses der Beschaffungsmesse E-Procure. Ganz schien sich der Marktplatzbetreiber jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht von dieser Idee verabschiedet zu haben: Eine End-to-End-Integration im Bereich elektronische Kataloge wurde immer noch als Ziel propagiert.

Häufige Strategiewechsel

Für die Zulieferer bedeuteten entsprechende Vorstöße und andere Strategiewechsel permanente Unsicherheit. Ina-Schaeffler nutzte beispielsweise das Portal eines Covisint-Gesellschafters. Nach der Ankündigung des Kunden, Zuliefererprozesse künftig über Covisint abzuwickeln, wurden die Mitarbeiter entsprechend umgeschult. "Nach einigen Monaten hat uns der Kunde mitgeteilt, dass er doch wieder das eigene Portal nutzen werde", so E-Business-Director Winkler. Viele OEMs hätten sich auf Covisint festgelegt, dann aber doch ihre eigenen Lösungen weiterentwickelt: "Für uns war die andauernde Unklarheit mit einem erhöhten Aufwand und permanenten Nacharbeiten verbunden."

Vom Software-Provider zum Connectivity-Hub

Ähnliche Erfahrungen machte auch Sobeck bei ZF Friedrichshafen: "Wir haben vor zwei Jahren erkannt, dass es Covisint nicht schaffen würde, in Zusammenarbeit mit den Gründerfirmen standardisierte Anwendungen und Prozesse zu realisieren." Ford, GM und Daimler-Chrysler hätten alle weiter ihre individuellen Lösungen beispielsweise für das Qualitäts-Management oder das Anfragewesen ausgebaut: "Fakt war, dass das operative Geschäft, also die Prozessabwicklung, nach wie vor in den individuellen Kundenportalen lief." Covisint sei lediglich die gemeinsame Zugangstür gewesen. Von dort aus sei man wie in einer Shopping-Mall in die einzelnen Geschäfte gelangt. Covisint habe sich in der Folge Stück für Stück davon verabschiedet, operative Prozesse zu unterstützen. Lösungen wie das Qualitäts-Management-Tool "Problem Solver" gebe es zwar noch, es werde jedoch nur von Delphi genutzt. "Wir haben 2002 festgestellt, dass sich Covisint von einem Applikations-Provider zu einem Connectivity Hub, also einem Knoten für den Informationsaustausch, entwickelte", so Sobecks Fazit.

Auch auf diesem Feld blieb der Marktplatz jedoch mäßig erfolgreich. Zwar gelang es den Betreibern vergleichsweise zügig, einen Single-Sign-on-Zugang und eine Lösung für die Nutzer- und Berechtigungsverwaltung einzuführen, in der Praxis kämpfte jedoch auch diese Lösung mit einigen Tücken. "Die Idee, sich nur einmal zu registrieren, um dann die Berechtigung zu haben, in die verschiedenen Applikationen mehrerer Autohersteller reinzugehen, hat nur unzureichend funktioniert", sagt Sobeck. In vielen Applikationen hätten spezielle Informationen extra nachgepflegt werden müssen. Außerdem habe das System Veränderungen wie eine neue Adresse nicht automatisch in den einzelnen Anwendungen nachgeführt.

Ähnlich fällt die Einschätzung von Wolfgang Scheerer, Leiter E-Business bei Webasto, aus: "Fast alle Applikationen sind individuell. In der Folge gibt es kaum Synergien." Nur wenn es den beteiligten OEMs gelungen wäre, sich auf gemeinsame Anwendungen und Prozesse zu einigen, hätten die Zulieferer profitiert. Sein Resümee lautet daher: "Das Einzige, was Covisint erfolgreich gemeistert hat, ist der Registrierungsprozess. Alles andere ist so speziell, dass es für uns kaum einen Unterschied macht, ob wir die Portale der einzelnen Hersteller oder Covisint nutzen." Webasto müsse rund 20 Kundenportale bedienen, was mit einem enormen Aufwand verbunden sei. "Das ist ein Problem, das Covisint vermutlich auch dann nicht gelöst hätte, wenn alle Automobilhersteller beteiligt gewesen wären." (Siehe www.computerwoche.de/go/80114200).

Insgesamt fällt die Bilanz nach vier Jahren Covisint ziemlich mager aus. An der finanziellen Ausstattung des Unterfangens kann es kaum gelegen haben. Laut Wirtschaftspresse und Analysten hat Covisint 500 Millionen Dollar verschlungen. Bogaschewsky bezeichnet Covisint als "teuren Schritt auf der Lernkurve der Initiatoren". Hier sei viel Geld verbrannt worden, bevor das Konzept inhaltlich, technisch und betriebswirtschaftlich zu Ende gedacht worden sei.

Diese Einschätzung teilt der Wirtschaftswissenschaftler mit den Zulieferern. "Man hat unheimlich viel Geld und Zeit in Covisint investiert und dann in vollem Lauf den Kurs, das Pferd, den Sattel und den Jockey gewechselt", so ZF-Manager Sobeck. In das gleiche Horn stößt Ina-Mann Winkler: Auch wenn einige Ansätze der Betreiber durchaus richtig gewesen seien, halte er das gesamte Projekt heute für einen "Riesen-Flop".

Fragwürdige Rentabilität

Ein weiterer Zulieferer, der nicht genannt werden will, konstatiert: "Aufgrund der mangelnden Marktakzeptanz kann man das ganze Projekt einstampfen." Bei den Gründerhäusern sei man bestimmt nicht darauf erpicht, entsprechende Rentabilitätsrechnungen offen zu legen.

Und in der Tat geben sich die großen Automobilkonzerne - darauf angesprochen - sehr schmallippig. So ist beispielsweise der Kaufpreis für die Übernahme durch Compuware bis heute nicht bekannt. Wenig auskunftsfreudig war man auch bei Daimler-Chrysler. Für ein Interview stand kurzfristig kein leitender Mitarbeiter zur Verfügung. Ein Unternehmenssprecher räumt immerhin ein, dass die anfangs hohen Erwartungen an Online-Tools und -Auktionen auf einem realistischen Niveau angekommen seien. In der Folge habe bei Covisint ein "Downsizing" stattgefunden. Im Auktionsbereich sei die Zusammenarbeit aber sehr erfolgreich gewesen. Insgesamt spielten die von Daimler-Chrysler genutzten Tools (siehe Kasten "Daimler-Chryslers Werkzeugkasten") für die Internet-basierende Zusammenarbeit eine immer wichtigere Rolle. Covisint stelle nach wie vor die Plattform, auf der diese Tools liefen, und dies soll auch nach der Übernahme durch Compuware so bleiben: "Eine Abnabelung findet nicht statt. Es gibt langfristige Verträge mit Covisint, und die werden wir weiterhin erfüllen", so der Sprecher.

Beobachter sehen durchaus Marktpotenziale für den neuen Betreiber Compuware. Vor allem das beim bislang letzten Strategiewechsel von Covisint mitgeteilte Ziel, künftig verstärkt als Integrationsplattform zu agieren, klingt vielversprechend. Der Marktplatz bietet hierfür EDI-Konnektoren und XML-basierende Web-EDI-Dienste. Allerdings konkurriert Covisint auf diesem Feld mit einigen anderen Anbietern wie GXS oder Indatex.

Hier lesen Sie ...

- warum Covisint die Hoffnungen der Gründerfirmen nicht erfüllen konnte,

- was die Automobilkonzerne daran hindert, standardisierte Prozesse und Applikationen zu nutzen,

- welche Probleme Zulieferer mit dem Internet-Marktplatz hatten.

Vier turbulente Jahre

- Februar 2000: Daimler-Chrysler, Ford Motor Company und General Motors gründen das Newco Planning Team.

- April 2000: Renault S.A. und Nissan treten bei.

- Mai 2000: Aus Newco wird Covisint.

- September 2000: Amerikanische und deutsche Kartellbehörden geben grünes Licht. Die Wettbewerbshüter wollen das neue Unternehmen aber weiter beobachten, um Kartellrechtsverletzungen auszuschließen.

- Dezember 2000: Covisint wird ein eigenständiges Unternehmen. Dem Joint Venture gehören neben den beteiligten Automobilherstellern als Technologiepartner auch Commerce One und Oracle an.

- April 2001: Die Gründer einigen sich auf Kevin English als Chairman, President und CEO von Covisint

- Mai 2001: Covisint Europe nimmt in Amsterdam seinen Betrieb auf. PSA Peugeot Citroën tritt bei.

- Juni 2002: Harold Kutner löst English als Chairman und CEO ab. Bruce Swift wird President und COO.

- April 2003: Swift löst Kutner ab.

- Juni 2003: Bob Paul löst Swift ab.

- Dezember 2003: Freemarkets übernimmt den Auktionsbereich von Covisint. Kurz darauf wird Freemarkets von Ariba übernommen.

- Februar 2004: Compuware Corp. kündigt die Akquisition von Covisint an. Konkret erwirbt Compuware die Portalsoftware "Communicate", das Messaging-System "Connect EDI" und die Konfliktlösungstechnik "Problem Solver".

Daimler-Chryslers Werkzeugkasten

Für die Internet-basierende Zusammenarbeit mit Zulieferern nutzt Daimler-Chrysler eine Vielzahl von Applikationen. Dazu zählen die E-Engineering-Anwendung "eChange Management", die "Produktionsprogramme Nutzfahrzeuge" für die Ressourcenplanung, "E-Docs" für den elektronischen Dokumentenaustausch sowie das "Supplier Management Base" getaufte System zur Evaluierung von Logistikprozessen. Daneben setzt das Unternehmen unter anderem die Qualitäts-Management-Lösung "Advanced Quality Planning" des Softwareanbieters Powerway ein. Registrierte Zulieferer können auf diese Anwendungen sowohl via Covisint als auch über das Supplier-Portal von Daimler-Chrysler zugreifen.

Die neuen Besitzer

Freemarkets kaufte die Sparte Auction-Services von Covisint im Dezember vergangenen Jahres. Der Dienstleister übernahm 24 Mitarbeiter sowie langfristige Kundenverträge mit Daimler-Chrysler, General Motors und Ford. Freemarkets wurde seinerseits im Januar 2004 von Ariba für 493 Millionen Dollar übernommen.

Als AMR-Analyst Kevin Mixer daraufhin prophezeite, Covisint werde dadurch zum Übernahmekandidaten, sollte er Recht behalten. Im Februar dieses Jahres gab Compuware die Akquisition der Plattform bekannt. Konkret erwarb Compuware die Portalsoftware "Communicate", das Messaging-System "Connect EDI" und das Qualitäts-Management-Tool "Problem Solver". Außerdem wechseln 100 der rund 120 Covisint-Mitarbeiter inklusive des aktuellen CEO Bob Paul zu Compuware. Covisint wird unter Pauls Führung als separater Geschäftsbereich agieren, für Kunden soll der Besitzerwechsel unmerklich verlaufen.

Compuwares Chairman und CEO Peter Karmanos sagte, er habe sich zu dem Kauf entschlossen, weil er zuversichtlich sei, dass Covisints E-Commerce-Portalprodukte und -Services in den kommenden Jahren von derzeit 20 auf 100 Millionen Dollar Umsatz wachsen könnten. Compuware plant vermutlich, den Einsatzbereich der Anwendungen auf andere Branchen wie Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen auszuweiten.

AMR-Analyst Mixer sieht die Übernahme als Win-win-Situation für beide Unternehmen. Covisint könne mit Hilfe von Compuware seine Service-Level-Agreements einhalten und sich internationaler aufstellen, Compuware gewinne 135 000 Nutzer und stärke seine Position als Anbieter von Unternehmensanwendungen. Ob diese optimistische Einschätzung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.