Control-Data-Umfrage zum Status der Vernetzung in der Finanzwirtschaft Client-Server: Der Weg ist das Ziel bei den deutschen Banken

08.10.1993

MUENCHEN (CW) - Nicht alles, was glaenzt, ist auch Gold bei deutschen Banken und Versicherungen - zumindest was die Migra- tion zu Client-Server-Architekturen beziehungsweise PC-Netzen betrifft. Obwohl sie oft als Vorreiter des Downsizing-Trends bezeichnet werden, sieht es bei den hiesigen Finanz- und Kreditinstituten in puncto Umsetzung konkreter Massnahmen eher duerftig aus. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine von der Frankfurter Control Data GmbH initiierte Umfrage.

Bei gut 90 Prozent der befragten Unternehmen ist Control Data zufolge heute noch eine Mainframe-orientierte DV vorherrschend. Dieses fuer Verfechter eines Wandels hin zu Client-Server- Strukturen an sich niederschmetternde Ergebnis wird allerdings durch die Tatsache abgemildert, dass sich der Downsizing-Gedanke zumindest in den Koepfen der Banker etabliert hat.

So soll kuenftig nur mehr bei jedem zehnten Finanzdienstleister der Mainframe dominieren und bei nahezu jedem zweiten zumindest eine Mischung aus Grossrechner und Client-Server-Architekturen die unternehmensweite DV kennzeichnen. Rund 40 Prozent der befragten Kreditinstitute wollen kuenftig bevorzugt entsprechende Server- Plattformen einsetzen - allerdings nur zwei Prozent fassen dabei ausschliesslich PC-Loesungen ins Auge. Als Hauptargumente fuer einen verstaerkten Einsatz von Client-Server-Architekturen ermittelte Control Data zusammen mit der Universitaet Eichstaett und der Muenchner Unternehmensberatung Maisberger & Partner die Aspekte Dezentralisierung aus Leistungs- und Kostengruenden, Flexibilitaet und hoehere Wirtschaftlichkeit.

Bei der Umsetzung entsprechender Strategien muessen allerdings, wie aus der Studie hervorgeht, noch gewaltige Altlasten beseitigt werden.

So ist die DV-Landschaft der Banken und Versicherungen - was kein Geheimnis ist - noch immer von der IBM-Grossrechnerwelt gepraegt. Dementsprechend nimmt beispielsweise bei den Netztopologien beziehungsweise Architekturen SNA mit einem Anteil von 32 Prozent den Spitzenplatz ein, gefolgt von Ethernet mit 29 Prozent und Token Ring mit 26 Prozent - waehrend andererseits Transdata und oder das Netzwerk-Betriebssystem Netware so gut wie keine Rolle spielen. Bei den bis zum jetzigen Zeitpunkt verwendeten Protokollen fuehrt TCP/IP mit 30 Prozent klar vor SDLC (HDLC) mit 17 Prozent und IPX/SPX mit 13 Prozent.

Bei der Initiierung von Netzprojekten fuehren die zentralen DV- Staebe, wie es in der Untersuchung weiter heisst, die jeweiligen Fachabteilungen "an der kurzen Leine": Nur in jedem zwanzigsten Unternehmen wuerden die Anwender selbst aktiv.

In ueber der Haelfte aller deutschen Banken und Versicherungen komme aber jegliche Vorgabe bezueglich des Einsatzes neuer Technologien und Applikationen so gut wie ausschliesslich von den IT-Experten, beim Rest halte sich das jeweilige Engagement von Endusern und zentraler DV die Waage. Aehnliches gelte bei der Verantwortung fuer sogenannte "Subnetze", die in nur fuenf Prozent der ermittelten Faelle bei den entsprechenden Fachabteilungen liege. Regelfall sei hier, dass die zentrale DV den "Wildwuchs" an zum Teil heterogenen Strukturen mehr oder weniger gut im Griff habe.

Kein Ruhmesblatt im Sinne des Bekenntnisses zum Client-Server- Computing und Networking sind in der Regel auch die zur Verfuegung stehenden Budgets. So kann fast die Haelfte (46 Prozent) der Netzwerk-Gruppen lediglich mit einem Finanzrahmen von 40 000 Mark bis 500 000 Mark kalkulieren. 31 Prozent der in Frage kommenden Unternehmen wenden fuer ihren Netzbetrieb laut Studie die Summe zwischen 500 000 Mark und zwei Millionen Mark auf; nur die grossen Finanzdienstleister verfuegen ueber Networking-Budgets bis maximal 16 Millionen Mark. Insgesamt entsprechen die genehmigten Ausgaben fuer Netzwerke bei gut 80 Prozent der Unternehmen hoechstens zehn Prozent des gesamten DV-Budgets - inklusive Personalkosten, wohlgemerkt.

Schmalhans als Kuechenmeister hat daher auch in puncto Mitarbeiterausstattung das Sagen. Gut zwei Drittel der Unternehmen wiesen eine Netzwerk-Gruppe von einem bis fuenf Mitarbeitern aus, in knapp einem Drittel der befragten Banken und Versicherungen sind fuenf bis neun Netzspezialisten beschaeftigt und nur zehn Prozent der Finanzdienstleister verfuegen ueber eine Netzwerk- Division, die ihren Namen von der Groesse her auch verdient. Allerdings sind die im Rahmen der Untersuchung adressierten Netzexperten in der Unternehmenshierarchie relativ hoch angesiedelt. Ihre Funktionen heissen in der Regel Leiter Informationssysteme, Leiter Technologiezentrum oder Leiter System- und Netzsteuerung und ihr Persoenlichkeitsprofil weist durchschnittlich mehr als acht Jahre Berufserfahrung aus.

Als die derzeit wesentlichsten Probleme nannten die Netz- Verantwortlichen die Administra- tion sowie die mangelnde Flexibilitaet bei Aenderungen, waehrend zukuenftig vor allem Kapazitaetsengpaesse befuerchtet werden. Relativ ueberraschend fiel hingegen die Bewertung der Netzsicherheit aus, die ueberwiegend als gut bis ausreichend beschrieben wurde. Als typische Fehler bei Netzprojekten gelten unter den befragten Experten Faktoren wie fehlendes Gesamtkonzept, unterschaetzter Planungs- und Zeitaufwand sowie fehlendes Netz-Management und ungenuegende Ausbildung der Administratoren.

Trotz der hohen Fehlerquote bei Planung, Implementierung und Installation sei jedoch die Bereitschaft, auf externe Berater beziehungsweise Dienstleister zurueckzugreifen, eher gering. Eine Ausnahme bilden hier lediglich Teile der Versicherungsbranche sowie vereinzelte Grossbanken. Als wichtigste Herausforderungen fuer das Networking bis Ende der neunziger Jahre sehen die befragten Netzexperten unter anderem die Realisierung hoher Bandbreiten zu niedrigen Kosten, Kommunikation nur ueber ein Kabel sowie eine tatsaechlich dezentrale Datenhaltung.

Jeweils zwei Fuenftel der Banken und Versicherungen verfuegen ueber einen Netzwerk-Anteil von weniger als fuenf Prozent bis maximal zehn Prozent des gesamten DV-Budgets. Nur das restliche Fuenftel kommt auf einen mehr als zehnprozentigen Anteil am Gesamt-DV- Budget.