Strategien zur unternehmenseigenen (sicheren) mobilen Plattform (Teil 2)

Consumerisierung der IT

15.06.2016
Von   
Mark Zimmermann leitet hauptberuflich das Center of Excellence (CoE mobile) zur mobilen Lösungsentwicklung bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in Karlsruhe. Er weist mehrere Jahre Erfahrung in den Bereichen Mobile Sicherheit, Mobile Lösungserstellung, Digitalisierung und Wearables auf. Der Autor versteht es, seine Themen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln für unternehmensspezifische Herausforderungen darzustellen. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeiten ist er Autor zahlreicher Artikel in Fachmagazinen.
Consumerisierung bedeutet, dass Anwender von elektronischen Geräten und Diensten diese in zunehmendem Maße sowohl für ihre Arbeit als auch für ihre privaten Zwecke verwenden. Dieser Wandel beschreibt damit einen Paradigmenwechsel in der IT des Unternehmens.
Bei der Wahl der geeigneten Plattform ist eine genaue Analyse anhand der eigenen Vorgaben und Bedürfnisse unabdingbar.
Bei der Wahl der geeigneten Plattform ist eine genaue Analyse anhand der eigenen Vorgaben und Bedürfnisse unabdingbar.
Foto: NTT Com Security

Notebooks und Desktops eines Unternehmens haben in Konzernen häufig das gleiche Betriebssystem mit identischer Versionsnummer installiert. Werden unterschiedliche Betriebssysteme eingesetzt bzw. toleriert, hängt dies meist mit Spezialanforderungen und ggf. notwendiger Spezialsoftware zusammen. Derartige Speziallösungen sind dabei oft stark reglementiert. So wird meistens für die klassische Büroarbeit ein Microsoft-Betriebssystem eingesetzt, wogegen im künstlerischen Umfeld oder in der mobilen Anwendungsentwicklung häufig Mac-OS-Systeme von Apple zum Einsatz kommen.

Beim Einsatz mobiler Lösungen ist diese Einstufung und Reglementierung nicht so einfach möglich. Der Grund liegt in dem stark heterogenen Umfeld, in dem sich die mobilen Lösungsanbieter aufhalten.

Ein Blick auf die Marktanteile ist meist nur für den Consumermarkt möglich. Dieser Blick zeigt jedoch, dass nicht unbedingt die am besten bewerteten Systeme eine hohe Verbreitung erfahren haben. Der Marktanteil ist wichtig um die Akzeptanz einer Plattform bewerten zu können. Für den Einsatz im Unternehmen ist dies alleine jedoch nicht aussagekräftig. Diese Akzeptanz spiegelt den kompletten Marktschnitt wieder und entspricht nicht der Verteilung der jeweils aktuellsten Systemversion. Diese Verteilung der aktuellen Version ist wichtig, da aktuelle Sicherheitspatches zunehmend nur für aktuelle Versionen bereitgestellt werden. Nimmt man die jeweils aktuellen Adaptionsraten der jeweiligen Plattform und wendet dies auf die Marktanteile an, verschiebt sich das Bild der jeweilige Anteile sehr markant.

Indirekt vom Marktanteil abhängig ist auch die Anzahl der verfügbaren Apps für eine Plattform. Diese Verfügbarkeit von Apps ist für Unternehmen ebenfalls wichtig. Je mehr Apps mit Unternehmensbezug in einem App-Store verfügbar sind, um so interessanter ist die Plattform, da nicht jede Anwendung individuell erstellt werden muss. Dies fließt direkt in die Kosten/Nutzenkalkulation mit ein.

Nicht jede App ist z. B. für die in Ihrem Unternehmen geforderten Formfaktoren optimiert oder für die jeweils vorgeschriebene Betriebssystemversion verfügbar. Während unter iOS die meisten Anwendungen mit spezieller Tablet-Unterstützung vorhanden sind, fehlt dies jedoch oft bei Android-Geräten. Aber auch hier sind die Marktzahlen mit Vorsicht zu betrachten. Eine genaue Analyse anhand der eigenen Vorgaben und Bedürfnisse ist daher unabdingbar.

Was bedeutet Consumerisierung der IT ?

Moderne Mitarbeiter erwarten, dass sie ihre gewohnten Anwendungen und Geräte auch im Geschäftsumfeld nutzen können.
Moderne Mitarbeiter erwarten, dass sie ihre gewohnten Anwendungen und Geräte auch im Geschäftsumfeld nutzen können.
Foto: violetkaipa - Shutterstock.com

Consumerisierung bedeutet, dass Anwender von elektronischen Geräten und Diensten diese in zunehmendem Maße sowohl für ihre Arbeit als auch für ihre privaten Zwecke verwenden. Dieser Wandel beschreibt damit einen Paradigmenwechsel in der IT des Unternehmens. Leistungsfähige Informationstechnologie wird mit diesem Wechsel nicht mehr primär für Unternehmensaufgaben entwickelt, um später in den Konsumentenmarkt überführt zu werden. Viel mehr wird die IT des Unternehmens mit einer aus dem Konsumentenmarkt stammenden Entwicklung und der daraus resultierenden Erwartungshaltung der Anwender konfrontiert.

Viele Anwender haben heute zuhause und mobil Zugriff auf leistungsstarke Computersysteme sowie Smartphones mit High-Speed Datenverbindungen in das Internet. Die Technologie verankert sich beim Anwender und spielt eine immer wichtigere Rolle im Privatleben. Gerade Smartphones begleiten jedermann von jung bis alt durch den Alltag und integrieren sich annähernd nahtlos in das Leben.

Diese Endgeräte bieten jedem einzelnen eine Erweiterung seiner persönlichen Fähigkeiten in einem ungeahntem Ausmaß an. Als einfachstes Beispiel hierfür ist die Ortung, die Navigation oder auch der Abruf ortsbezogener Tipps und Informationen zu nennen. Nutzer können sich mit den kleinen Helfern in fremden Umgebungen bedeutend einfacher zurechtfinden.

Dadurch, dass der Nutzer die mobilen Geräte permanent bei sich führt und ständig mit ihnen interagiert, werden diese im Grunde zu einem persönlichen und maßgeschneiderten Assistenten für alle Lebenslagen und -situationen. Der Nutzer profitiert zunehmend im Privatleben von diesen mobilen Apps. Daher ist es verständlich, wenn sich diese entsprechende Lösungen auch für ihr Arbeitsumfeld wünschen. Dies ergänzt den Begriff der Consumerisierung um weitere Faktoren aus dem privaten sowie dem beruflichen Alltag.

Der Arbeitsplatz von morgen bietet dem Anwender die Möglichkeiten, seine Work-Life-Balance zu unterstützten.
Der Arbeitsplatz von morgen bietet dem Anwender die Möglichkeiten, seine Work-Life-Balance zu unterstützten.
Foto: Mark Zimmermann

Consumerisierung im Unternehmen

Der Aufgabenbereich im Arbeitsumfeld reicht dabei von PIM- Funktionen (Lesen bzw. Schreiben von E-Mails, Nutzung der Kalenderfunktion) bis hin zum Arbeiten mit ERP- und CRM- Anwendungen. Dieser Wunsch erhöht den Druck auf die Unternehmensführung, wirksame Richtlinien und Strategien zur Einbindung privater Endgeräte, Cloud-Services und anderer Arten der Konsumenten-IT am Arbeitsplatz zu entwickeln.

Die Implementierung privater Geräte wird dabei oft von Anwendern initiiert und vorangetrieben. Dies bedeutet, dass ein Mitarbeiter eigene Geräte und Anwendungen für be- rufliche Zwecke nutzt und in die Geschäftsprozesse des Unternehmens einbringt. Die Consumerisierung der IT ist dabei kein Trend mehr, sondern ein realer Wandel mit entsprechenden Folgen. Dies unterstreicht auch der Cisco Connected World Report. Dieser beschreibt, dass unter anderem 33 Prozent aller Studenten für die freie Nutzung von Social Media und mobilen Endgeräten auch niedrigere Gehälter akzeptieren würden.

Mitarbeiter, die ihre persönlichen IT-Geräte für Geschäftszwecke verwenden, sind flexibler und können im Endeffekt ihre Arbeitsprozesse effizienter bearbeiten. Diese Tatsache geht mit der fortschreitenden Verschmelzung von Privat- und Arbeitsleben einher.

Produktivitätsfaktoren der mobilen Lösungen aus der Consumerisierung

Eine moderne Arbeitsweise ist ergebnisorientiert. Die Art und Weise der Verrichtung der Arbeit, zu welcher Zeit und an welchem Ort liegt immer mehr in der Verantwortung des Mitarbeiters. Solange das Ergebnis der Arbeit zufriedenstellend ist, wird es, bis zu einem gewissen Grad, dem Mitarbeiter selbst überlassen, ob er Aufgaben im Büro, im Zug oder von Zuhause aus erledigt.

Diese gewonnene Flexibilität führt zu einer Produktivitätssteigerung, da ein Mitarbeiter auf seinem privaten IT-Gerät öfter erreichbar ist. Des Weiteren fördert die Nutzung eines selbst ausgewählten Endgerätes die Motivation und die Kreativität am Arbeitsplatz. Dies wirkt sich direkt auf die Atmosphäre im Büro aus und hat zur Folge, dass eine positive Bindung der Angestellten an das Unternehmen entsteht.

Für ein Unternehmen bieten sich aus der Consumerisierung verschiedene Vorteile, wie

  • Höhere Produktivität durch die Bekanntheit der Arbeitsmittel und die "Rund um die Uhr"-Begleitung des Mitarbeiters durch die Technik. Es existieren Studien, in denen davon gesprochen wird, dass mobile Mitarbeiter etwa 80 Prozent des Arbeitstages außer- halb des Büros tätig sind.

  • Mehr Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung durch die zunehmende Verflechtung von Beruf- und Privatleben.

  • Einsparungen der IT-Kosten bei Betrieb, Hardware, Softwarelizenzen und Support. Mitarbeiter können sich durch Self-Service über Internet selbst helfen.

  • Reduktion der Anzahl mitzuführender Geräte.

  • Verbesserte Mobilität der Mitarbeiter gepaart mit der Möglichkeit, sowohl zu Hause als auch an verschiedenen Standorten zu arbeiten.