Google puscht sein Cloud-Business

Conrad Electronic steigt auf G-Suite um

28.11.2016
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Sichere Daten in der Google-Cloud

Vor allem Verbesserungen hinsichtlich der Sicherheit und der Integration der verschiedenen Lösungsbestandteile bestärken Drábek, an seiner Strategie festzuhalten. Unsere Daten sind sicherer in der Google-Cloud", ist der Manager überzeugt. Schließlich kümmerten sich bei Google mehrere hundert Mitarbeiter explizit darum, das Cloud-Angebot abzusichern. Zudem müsse man gerade beim Thema Security immer auf dem neuesten Stand sein, merkt Drábek an.

Das sei jedoch mit einer kleinen Mannschaft kaum zu bewältigen. Bei Conrad Electronic könnten sich vielleicht drei oder vier IT-Mitarbeiter mit dem Thema Sicherheit beschäftigen. "Wir könnten also nie auf dem Level sein, das Google bietet", schlussfolgert er. Die Tatsache, dass die Google-Cloud mittlerweile auch aus einem Rechenzentrum in Europa angeboten wird und 2017 ein deutsches Data Center folgen soll, habe die Entscheidung leichter gemacht.

Google will sein globales Netzwerk an Cloud-Rechenzentren im kommenden Jahr massiv ausbauen. Auch in Deutschland soll ein Data Center entstehen.
Google will sein globales Netzwerk an Cloud-Rechenzentren im kommenden Jahr massiv ausbauen. Auch in Deutschland soll ein Data Center entstehen.
Foto: Google

Drábek hat sich auch Angebote der Konkurrenz angesehen, wie er beteuert. Für Google habe letzten Endes die integrierte Suite gesprochen. Andere Provider hätten Teile ihres Angebots selbst entwickelt, anderes zugekauft und versuchten nun alles irgendwie zusammenzubringen. "Auch wenn das nach außen als Suite verkauft wird - wenn man genauer hinsieht, dann ist das Ganze oft nicht so richtig integriert." Die Conrad-Manager sieht die Entwicklung pragmatisch: "Wir müssen schnell sein."

Man stecke in einem Business, das bereits extrem dynamisch sei und in den nächsten Jahren noch viel dynamischer werden dürfte. Dafür sieht er sein Unternehmen in der Google-Cloud offenbar gut aufgehoben. "Alles was wir mit Google ausgehandelt haben, wurde schnell umgesetzt", berichtet Drábek. Das sei eine andere Herangehensweise, als bei einigen Wettbewerbern.

Conrad-Mann Drábek denkt bereits über die G-Suite hinaus. Diese sei nur der erste Schritt. Der Manager will beispielsweise die E-Commerce-Plattform von Conrad Electronic in die Google Cloud bringen. Er verweist auf dort bereits integrierte Services, die sein Arbeitgeber auch nützen könne. Beispielsweise lasse sich die Suche im Online-Shop per Sprecheingabe steuern. "Gerade im B2B Umfeld gibt es Kunden, die brauchen freie Hände", erzählt Drábek.

Mehr Business-Apps über Partnerschaften

Google plant, sein Service-Angebot gerade für Business-Anwender weiter auszubauen. Sonnenberg betont an dieser Stelle, wie wichtig dabei das Thema Partnerschaften für Google sei. Das zeige beispielsweise die Kooperation mit Box, die Google kürzlich eingegangen sei. Ein anderer großer und wichtiger Partner sei Salesforce. "Wir sind auch gegenseitig Kunden", sagt die Google-Managerin. "Die Lösungen sind entsprechend stark miteinander integriert."

Auf Seiten der Kunden sieht Sonnenberg eine wachsende Bereitschaft, Cloud-Lösungen zu nutzen. "Wenn ein Unternehmen heute in die Cloud geht, dann wird nicht nur die Arbeitsplatzumgebung angegangen, sondern es geht auch um Themen wie Customer Relationship Management (CRM) oder Human Ressources (HR).

In diesem Umfeld sieht Drábek massive Veränderungen heraufziehen: Die Zeit der großen monolithischen Lösungen ist aus seiner Sicht vorbei. Heute arbeite man eher mit kleinen flexiblen Systemen, die speziell auf bestimmte Aufgaben ausgerichtet seien. "Diese Microservice-Architekturlässt sich gut in der Cloud abbilden", stellt der IT-Verantwortliche fest. Conrad arbeitet derzeit mit einem zentralenSAP-System. Diese mache fast das gesamte Backend aus, berichtet Drábek, von der Finanzbuchhaltung bis hin zur Lagerverwaltung und dem Lieferanten-Management. "Wir arbeiten daran, aus diesen großen Lösungen unsere Kern-Omnichannel-Prozesse herauszuholen und unseren Mitarbeiter darauf Zugriff über eine neue Oberfläche zu gewährleisten."

Auch die Kassensysteme sollen in die Cloud

Conrad plant, im kommenden Jahr seine klassischen Kassensysteme abzulösen. "Das soll auch über die Cloud laufen", kündigt Drábek an. "Letztendlich brauchen wir nur noch einen Screen und die passende Software." Der IT-Manager verspricht sich davon Kostenersparnisse und mehr Flexibilität. Bis dato habe man regelmäßig updates einspielen und dennoch auf neue Funktionen teilweise Jahre warten müssen. "Wenn eine Kasse kaputt ging, musste wir außerdem oft Tage warten, bis jemand zur Reparatur kam", klagt der Manager. Wenn künftig etwas passiert, startet man einfach einen neuen Screen, "die Funktionalität kommt ja aus der Cloud". Zudem biete eine solche Cloud-Anbindung zusätzliche Optionen, beispielswiese eine Integration mit den Systemen desKunden-Managements.

Diese neuen Ideen voranzutreiben, sieht Drábek als wesentlichen Teil seiner Arbeit bei Conrad Electronic. Er sieht sich vor allem als Chief Disruption Officer. "Das ist genau mein Job, Dinge zu hinterfragen und Bereiche zu identifizieren, die durch einen - auch radikalen - Wandel Vorteile für das Business bringen." Der Handel stecke derzeit in einem reißenden Wandlungsprozess. "Wir haben hier zwei Möglichkeiten", sagt Drábek. "Uns selbst und unsere Prozesse von innen heraus komplett zu verändern oder wir werden von außen verändert und haben dann ein massives Problem." Mit diesem Ansatz scheint Drábek durchaus einiges in Bewegung zu setzen. Die Conrad-Mitarbeiter übersetzten seinen Titel als "der, der viel Wirbel macht". Drábek lacht und interpretiert seinen Ruf durchaus positiv. "Bis jetzt kommt das gut an."