Big Data im Auto

Connected Cars: Der Kampf um die Daten

11.01.2016
Mit der Vernetzung von Autos entstehen neue Geschäftsmodelle. Insbesondere mit den Daten aus den Fahrzeugen wird sich viel Geld verdienen lassen. Dementsprechend heiß dürfte es also bald im Kampf um diese Daten hergehen.

Die Autoindustrie bereitet sich auf eine Zukunft vor, in der Daten aus dem vernetzten Fahrzeug zum großen Geschäft werden. "Daten sind die künftige Währung in dieser Industrie", sagte der Chef des amerikanischen Elektronik-Konzerns und Autozulieferers Harman, Dinesh Paliwal, auf der Technik-Messe CES in Las Vegas. "Und wer die Kontrolle über das Datenmanagement hat, wird der König sein."

Here: Standard-Plattform für alle Hersteller?

Die deutschen Autohersteller Daimler, Audi und BMW gehen mit einem Einsatz von 2,8 Milliarden Euro ins Spiel. So viel ließen sie sich im Sommer die Übernahme des Kartendienstes Here kosten, den Nokia zum Verkauf gestellt hatte. Here soll den deutschen Premium-Herstellern jedoch nicht nur hochpräzise Karten liefern (ohne die selbstfahrende Auto nicht auskommen können): Unter dem Dach der Firma wird auch eine Plattform zum Austausch von Daten zwischen Fahrzeugen aufgebaut, deren Technik Here als weltweiten Standard zu etablieren hofft.

Die drei Eigentümer gaben bereits bekannt, dass Daten von Sensoren aus ihren Connected Cars in die Echtzeit-Karten von Here einfließen werden. Es geht darum Informationen über Glatteis, Unfälle, Schlaglöcher oder Staus zu registrieren und über einen Cloud-Service an andere Autos weiterzuleiten. Damit haben die deutschen Autohersteller einen Vorteil gegenüber dem Internet-Riesen Google, der zwar Ortungsinformationen von Millionen Android-Smartphones auswerten kann, aber von vielen OEMs nicht an die Daten aus dem Auto herangelassen wird.

OEMs und die Vertrauensfrage

Here arbeitet daran, die Datenbasis für die Live-Karten mit Informationen von anderen Herstellern auszuweiten. "Wir machen Machbarkeitsstudien und Pilotprojekte mit zehn bis zwölf Herstellern", sagt Here-Manager Floris von de Klashorst. "Ich denke, der Industrie ist bewusst, dass diese Architektur auf Zusammenarbeit basiert und mehr Hersteller dazu beitragen müssen."

Here lud andere Autobauer zum Datenaustausch ein, der Dienst wird als unabhängiges Unternehmen weitergeführt. In der Branche gibt es aber auch Vorbehalte gegen eine Öffnung der Daten für Here. So zeigt sich der IT-Chef des Autobauers Volvo, Klas Bendrik, skeptisch: "Alles muss offen und vertrauenswürdig organisiert sein. Eine Einladung ist eine Sache, die Realität eine andere", sagt er und betont dabei, dass es neben Here auch viele weitere Initiativen zur Entwicklung von Standards gebe.

Volvo etwa experimentiert bereits auf eigene Faust mit Datendiensten und setzte unter anderem auch einen eigenen Cloud-Service auf, über den sich vernetzte Volvo-Fahrzeuge zum Beispiel über Glatteis oder Unfälle austauschen. In Schweden wird so eine gute Abdeckung erreicht, in Ländern mit niedrigerem Volvo-Marktanteil gibt es dagegen schnell weiße Flecken.

Kommt die Cloud-Allianz für Connected Cars?

Insgesamt habe die Branche verstanden, wie wichtig durchgängige Standards für einen übergreifenden Datenfluss zwischen verschiedenen Automarken sind. Lieber als auf eine fremde Plattform aufzuspringen, wäre es Bendrik aber, wenn die Daten zwischen Clouds verschiedener Hersteller ausgetauscht würden. Auf die Frage, ob er sich dann eine Allianz anderer Hersteller vorstellen könne, gibt Bendrik nur eine ausweichende Antwort. "Es läuft derzeit eine Reihe von Gesprächen. Es wird aber wie immer einfacher sein auf bestehende Strukturen zu setzen, statt neue zu schaffen."

Insgesamt bräuchten Hersteller noch Unterstützung bei Cloud-Diensten und Datenanalyse, sagt Harman-Chef Paliwal. Er bringt Harman als Dienstleister für Here ins Gespräch. Sein Unternehmen wolle den Kartendienst bei der Datenauswertung unterstützten. "Wir können das in einigen Bereichen besser als sie." Auf der CES habe er Lösungen von Harman auch Top-Managern der deutschen Autobauer vorgeführt.

"Die Autohersteller befinden sich in einer Phase des Experimentierens mit neuen Geschäftsmodellen und stoßen dabei auch in völlig neue Branchen vor", sagt Autoexperte Axel Schmidt von der Unternehmensberatung Accenture. Die deutschen Autobauer hätten mit der Here-Übernahme ihren Anspruch auf die Vorherrschaft im Zeitalter der vernetzten Mobilität untermauert. Der Erfolg werde aber nicht von der besten technischen Lösung abhängen, sondern davon, wer die beste integrierte Plattform für alle Alltagsaspekte anbiete. (dpa/fm)