Perfekt auswärts EDV-Englisch zum Mitreden

Computervokabeln kurzweilig verpackt und text-intern präsentiert

08.05.1981

Der Computer dämpft nicht die Erlebnisfähigkeit für Frustrationen, im Gegenteil: er wird in diesen psychologischen Zentralbereich einbezogen als Verstärker. Denn die immense Hebelwirkung des EDV-Systems in bezug auf intelligente Organisationskonzepte funktioniert auch für jede Art von geplantem Schwachsinn. Die Resultate sind dann so eklatant, daß man sie kaum für menschenmöglich hält und deshalb dem System anlastet, nach der Devise: Schmeißt das Thermometer weg, Freunde, es zeigt nur 16 Grad, und das ist einfach zu kalt fürs Büro!

Für das Scheitern eines persönlichen Ehrgeizes gibt es repetitive Grundmuster, Frustratoren genannt, die mythologische Merkmale aufweisen; auf jeden Fall sind sie vorelektronischen Ursprungs. Indes - der Computer gibt dem "flop" erst die grandiose Dimension, er verleiht einer mittleren Pleite die dramatische Qualität der großen Schau, zumindest ist er in der Lage, dies zu tun, wenn man ihn nur richtig falsch einsetzt.

Auch sollte man die Deliktfähigkeit einer Maschine nicht unterschätzen, wenn man sich einmal entschlossen hat, sie als "tückisches Objekt" mit Eigenverantwortungslosigkeit auszustatten. Dann ist sie für jeden Irrtum gut und liefert (vorläufig noch) bequeme Alibis für das, was ohne Rechnerhilfe sogleich als menschliches Versagen erkennbar wäre.

Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der Auseinandersetzungen mit der physischen und sozialen Umwelt- mit dem "environment. Dabei werden Konflikte ausgetragen, wo der einzelne seine Mitmenschen ebenfalls als Umwelt begreift.

In diesen Prozeß bringt die Erfindung und Verbreitung des Computers eine delikate Ambivalenz, denn die Maschine mit ihren Programmen gilt originar als typisches Werkzeug für Kampf und Sieg gegen und über umweltbestimmte Fortschrittshemmung (Stichworte: Rationalisierung, Automaten zur Verrichtung von Routine-Jobs, organisatorische Instant-Transparenz, wertvolle Entscheidungshilfen). Doch parallel zur Demonstration löblicher Beflissenheit entpuppt sich der Rechner selbst peu a peu als ein gewichtiger sozialer Umweltfaktor, der seinerseits zu gewissen menschlichen Anschauungen und Verhaltensweisen in Opposition tritt, und so wird die epochale Innovation vielfach empfunden.

Genau genommen bietet natürlich nicht die EDV-Anlage den Gegensatz zum Menschen - it is the other way round: people tend to mystify complicated machinery, they personalize inanimate systems blaming them for their own frustration.

Für die zwangsweise Personalisierung durch den Partner Mensch ist der moderne Computer gut geeignet, weil er - objektiv betrachtet - zwar "inanimate", also unbelebt, erscheint, andererseits aber aufgrund seines Betriebssystems, der Anwendungs-Software und speziell der Dialogverarbeitung (transactional processing) eine reaktive Potenz entwickelt die beim Benutzer bisweilen den Eindruck erweckt er hätte es mit einem vernunftbegabten Wesen zu tun. (Der Benutzer gehört in der Regel nicht zu den Leuten, die Rechner und Programme produzieren und die deshalb eine nüchterne Haltung gegenüber den eingebauten Talenten der Maschine einnehmen können. )

Die Dialogfähigkeit macht den Computer zum Androiden. Dem fehlt zwar jegliche Mimik und jedes emotionsbezogene außersprachliche Signal für zwischenmenschliche Total-Kommunikation, doch dafür ist die verbale Ebene um so besser - und vor allem logischer- ausgebildet. Das fasziniert die meisten Anwender, wenn sie vor dem Bildschirm-Terminal Platz nehmen und ein Frage-und-Antwort-Spiel beginnen.

Man muß sich einmal den anthropologischen "background" in aller Tragweite vor Augen führen. Da diskutiert der Mensch jahrtausendelang nur mit seinesgleichen, palavert mit benachbarten homo sapiensen im Dialog, kreuzweise oder im Massen-Freistil. Manchmal richtet er das Wort an seinen Hund, wenn er keine Entgegnung zu hören wünscht manchmal spricht er sogar zu seiner Frau - weil es ihn nach Widerspruch gelüstet. Neuerdings redet er mit einem künstlichen Organ, mit dem Computer, denn wir befinden uns im Zeitalter der "Third Wave", der Dritten Welle (nach 1. Landwirtschaft und 2. Industrialisierung). Auch der Ausdruck "Revolution" ist für den aktuellen Zustand allgemein üblich, indes bestehen Zweifel, die wievielte es sein soll.

Gleichwohl: Computers are here to stay, and communication electronics promises to transform the way most of the world lives and thinks. Gehen wir davon aus, daß hinfort jeder Durchschnittsbürger ein "user" ist - ein EDV-Anwender - und daß er die artifizielle Intelligenz mit Vorsatz ( on purpose) in seine Planung (planning) einbezieht. Rationale Absicht und gezielte Planung umgrenzen den Kontakthof auf dem der Benutzer seiner Maschine begegnet wo er sie einschaltet, wo er sich ihrer Mithilfe versichert. Wenn der beschlossene Verkehr nicht immer, oder nicht sofort, in völlige Harmonie einmündet, liegt das daran, daß der menschliche Partner nicht überblickt was er mit der Daten technischen Reaktionsbereitschaft anfangen kann, darf oder soll. Ungemach breitet sich aus, Schuld wird gesucht, wo allenfalls Ursachen zu finden sind. The problems of purpose and planning must be viewed from a psychological angle, denn es gibt archetypische Problemsituationen, die immer wieder den Weg zum organisatorischen Optimum überschatten. Hierzu zählen nicht die ausräumbaren Hardware- und Programmfehler (perfekt auswärts spricht man von "bugs" - und "to debug" heißt entstören) Derlei Vordergründiges belastet allenfalls den garantieverpflichteten Wartungsdienst, nicht aber die Psyche des Benutzers, wenigstens nicht auf Dauer.

Was den EDV-nutzenden Manager verunsichert, bohrt sich aus tiefliegenen Schichten seiner eigenen Persönlichkeit nach oben. Der nachfolgende Abschnitt beschreibt einige ebenso klassische wie wundersame Urphänomene, die, wenn sie heute vor einem EDV-Hintergrund auftauchen und Schwierigkeiten (difficultes) machen, bequemerweise diesem Hintergrund zugerechnet werden. Es ist, als würde man dem Seismographen die Verantwortung am Erdbeben zuschieben.

Frustration mit Finessen: auch ohne EDV

"Von allen Software-Modulen, die seit dem letzten Ramadan in mein diagnostisches Blickfeld gerieten, ist selbiges das gewaltigste - and very promising indeed", freute sich Dr. Kyran Khali, Chef der verstaatlichten Rindfleischproduktion. "Es beschert der nachmonarchischtischen Betriebswirtschaft die bisher größte Effizienz. Zweifellos wurde das Tool am Schleifstein westlicher Wissenschaft geschärft doch solcher Makel soll uns nicht am Einsatz der Programme hindern, denn jetzt kriegen wir de Kosten in den Griff. Sehen Sie " Khali wuchtete vier Kilo Drucklisten auf den Konferenztisch, zwischen die Wasserpfeifen: "Ökonomie im Transportwesen 45 Prozent, im Betriebsmittellager 30 Prozent, in der Gerberei über 60 Prozent. Ich will, daß hinfort alle Kosten mit dem CUTAWAY-Paket aufs absolute Kleinstmaß reduziert werden. Dann steigen wir geschwind aus den roten Zahlen."

"Wollen Sie wirklich alle Kostenarten diesem einen Modul unterwerfen, Erleuchteter?" fragte der Futtermeister zweifelnd und holte tief Luft.

"Natürlich!" rief der Direktor aufgebracht, "jenes Stück Software war in der Anschaffung teurer als die Implementierung der atomgetriebenen Gebetsmühlen von Inschallabad. Maximale Nutzung des Minimierers, so lautet mein strikter Befehl. Wer widerspricht, wird erschossen. Salem aleikum."

Wer allerdings nach knapp sechs Wochen flugs und stiekum die Mücke machen mußte, war kein anderer als der Boß persönlich. Man hatte ihn der konterrevolutionären Sabotage für schuldig befunden, weil der gesamte Kälberbestand unter seiner Leitung und Fehlfütterung (Kleie mit Meersalzlauge, sehr kostensparend!) kurzfristig per CUTAWAY-Applikation krepiert war. Absolute Aufwandsminimierung - schön und gut, bloß nicht bei der Ernährung korankonformer Fleischlieferanten. Dort hätte es vielmehr einer vitamingerechten Optimierung des Mast-Menüs bedurft, aber das konnte Dr. Kyran Khali offenbar nicht übersehen, obwohl er kein Anfänger war (oder vielleicht gerade deshalb?)

Anyway: The professional may become obsolete long before his organisation is modernized. Computer technology and software tools develop at a rate that often defies our ability to judge vital consequences of edp aplications.

Der glücklose Direktor des Kälber-Kombinats wäre gewiß auch ohne EDV gescheitert, jeder Zuwachs an organisatorischer Komplexität hätte ihn geschafft.

Warum? - Er war das typische Opfer des sogenannten Midas-Effektes, eines verbreiteten Denkfehlers mit mythologischem Vorbild. Bei dieser Fehleinschätzung erscheint ganz plötzlich in einem als positiv und nützlich erkannten Prozeß ein gefährlicher Widerhaken- ausgerechnet an der empfindlichsten Stelle des andererseits so rationell bewältigten Problems. Ein besonders ärgerlicher Begleitumstand: Die tödliche Tretmine liegt so nah - und ist so evident -, daß sie paradoxerweise gerade aus diesem Grund übersehen wird. Many of us are having a painfully difficult time achieving the level of common sense that helps us to understand and control a single counterproductive force within a useful and generally successful project.

Hand aufs infarktbedrohte Herz haben Sie nicht auch amüsiert festgestellt: "This couldn't happen to me", als Sie zum ersten Mal die Mär vom Midas vernahmen?

... und das sind die englischen Schlüsselwörter im Text:

1. Enviromment - Umvelt, Umfeld; transactional processing - Dialogverarbeitung; user - EDV-Anwender; purpose - Zweck, Vorsatz; planning - Planung; angle - Blickwinkel; ougs - Fehler (Mehrz.) in einem System oder Programm; debug - entstören.

2. Tool - Software-Hilfsmittel; obsolete - veraltet; rate - Geschwindigkeit; achieve - erreichen; counterproductive - konterproduktiv; backfire - nach hinten losgehen; overkill - extreme Wirkung ( bleibt meist unübersetzt); objective - Ziel; defeat the purpose - dem Zweck zuwiederlaufen; oversight - Versehen; faulty - fehlerhaft; malfunction - Funktionsstörung; interface - Schnittstelle; module - Modul; flop - Reinfall; focus on - konzentrieren auf; challenging - herausfordernd; problem solver - Problemlöser; appropiate - geeignet; specified - spezifiziert; concept - Konzept.

2. Invoice - Rechnung; headquarters - Unternehmenszentrale; break down - ausfallen (System); reference - Hinweis; forecast - Prognose; invariably - immer, stets.

_AU:von Heinzgünther Klaus