Systematische DV-Weiterbildung:\

Computerunterstützte Kenntnisanalyse

13.08.1976

Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) in Ottobrunn bei München geht neue Wege bei der Weiterbildung der rund 250 Mitarbeiter des Bereichs Datenverarbeitung. Aufbauend auf einem von der INTEGRATA GmbH Unternehmensberatung (Tübingen) entwickelten Verfahren wurde eine Erhebung der vorhandenen und der benötigten DV-Kenntnisse durchgeführt und maschinell ausgewertet. Die Ergebnisse bildeten die Basis für eine gezielte und wirtschaftliche Weiterbildungsplanung für die nächsten ein bis zwei Jahre. MBB und INTEGRATA werden Verfahren und Programme auch anderen interessierten Anwendern zur Verfügung stellen.

Wer für die Weiterbildung in einer großen DV-Abteilung verantwortlich ist, kennt die Situation: Ein Überblick über den mittelfristigen Weiterbildungsbedarf aufgrund Wissensstand der Mitarbeiter und anstehenden Projekten ist nicht mehr ohne weiteres möglich und die reine Reaktion auf Weiterbildungswünsche von seiten der Vorgesetzten und Mitarbeiter befriedigt nicht. Bei MBB kommt noch hinzu, daß das Weiterbildungsspektrum durch Softwareentwicklung und umfangreiche technisch-wissenschaftliche Anwendungen besonders weit gespannt ist.

Beteiligt: Alle DV-Mitarbeiter

Bei MBB wurden alle DV-Mitarbeiter mit Ausnahme der Datenerfassungskräfte in die Weiterbildungsplanung einbezogen. Da es für die Vorgesetzten zu zeitaufwendig gewesen wäre, den arbeitsplatzbezogenen Weiterbildungsbedarf aller unterstellten Mitarbeiter zu bestimmen, wurden sogenannte Schulungsverantwortliche ausgewählt, die bei der Abwicklung jeweils durchschnittlich fünf (maximal bis zu zehn) Mitarbeiter betreuten, selbst aber auch in die Aktion einbezogen waren.

Die Zuordnung der Mitarbeiter zu den Schulungsverantwortlichen und den Abteilungen des DV-Bereichs wurde in einer Stammdatei unter Verwendung der Personalstammdaten fixiert.

258 Positionen im Kenntniskatalog

Der Basiskenntniskatalog der INTEGRATA umfaßte rund 100 weiterbildungsrelevante Kenntnisarten. Er wurde auf 258 Kenntnisarten erweitert. Die späteren Auswertungen haben allerdings gezeigt, daß sich manche der von den Schulungsverantwortlichen sehr stark differenzierten Kenntnisarten bei der Maßnahmenplanung wieder zusammenfassen lassen.

Der MBB-Kenntniskatalog umfaßt:

- Allgemeine Kenntnisse (z.B. Sprachen, Führungstechnik)

- Anwendungskenntnisse (untergliedert nach übergreifenden, kaufmännisch-administrativen, technisch-wissenschaftlichen und sonstigen Anwendungskenntnissen)

- Systemanalyse

- Software (untergliedert nach Anwendungssoftware, systemnaher Software, Programmierung und Programmiersprachen, System-

Software)

- Rechenzentrums-Betrieb

- Hardware

Mit Kenntnisgebieten und -arten wurde eine zweite Stammdatei aufgebaut.

Kenntniserhebung mit Heften

Jeder Mitarbeiter füllte für jede ihn betreffende Kenntnisart - in der er Kenntnisse besitzt und/oder erwerben möchte - seine Ist- und seine Wunsch-Kenntnisstufe nach einem Einordnungsschema aus, das sieben verschiedene Stufen vorsah. Sein Schulungsverantwortlicher trug anschließend die Istkenntnisstufe aus seiner Sicht, die am Arbeitsplatz erforderliche Sollkenntnisstufe und die Dringlichkeit einer erforderlichen Weiterbildung ein.

Differenzen bei der Isteinschätzung waren zwischen Schulungsverantwortlichem und Mitarbeiter zu besprechen. Der Inhalt der Erhebungshefte wurde auf Datenträger übernommen, auf Kenntnisarten, Einordnungsziffer sowie eventuelle "absteigende" Weiterbildung geprüft und schließlich aufgelistet.

Die Hauptprogramme

Die Hauptprogramme liefern verschiedene Auswertungen:

1. Listen zur Kenntniserhebung: Jeder Schulungsverantwortliche kann für jede angesprochene Kenntnisart und jeden Mitarbeiter auf einen Blick sehen, welche Eintragungen gemacht worden sind. In diesen Listen erscheinen also auch noch Kenntnisarten ohne Weiterbildungsbedarf für bestimmte Mitarbeiter. Diskrepanzen zwischen den Isteintragungen von Mitarbeiter und schulungsverantwortlichem sind ebenso gekennzeichnet wie unterschiedliche Solleintragungen. Weiterbildungsbedarf und per Programm korrigierte Fehler sind durch besondere Symbole hervorgehoben.

2. Die weiteren Auswertungen enthalten nur noch den Weiterbildungsbedarf. Dabei wird zwischen den verschiedenen Weiterbildungsstufen unterschieden und nach Schulungsverantwortlichen, Abteilungen und Kenntnisarten verdichtet.

Die Auswertungen der Hauptprogramme lieferten die Grundlage für eine Grobplanung der Weiterbildung und eine Fülle zusätzlicher Hinweise auf Kenntnisarten, die zu Spezialaufgaben gehören oder die auf bestimmte Mitarbeiter bzw. Abteilungen konzentriert sind.

Der hohe Umfang des gemeldeten Weiterbildungsbedarfs machte eine Kürzung nach Richtlinien der Bereichsleitung erforderlich: So wurde beispielsweise im Normalfall die Priorität 0 (= Gelegentlich weiterbilden) gestrichen: von mehrstufigen Weiterbildungsgängen wurde zunächst nur die unterste Stufe eingeplant.

Feinplanung

Auf der Basis der - manuell weitergeführten - Erhebungsergebnisse wurden abteilungsbezogene Weiterbildungspläne erstellt. Die Resultate:

* Interne Veranstaltungen können nun besser vorausgeplant werden. Dabei kommt sowohl der Einsatz MBB-eigener als auch fremder Referenten in Betracht.

* Externe Veranstaltungen werden wie bisher dann beschickt, wenn Spezialkenntnise von einem oder wenigen Mitarbeitern erworben werden müssen. Ein Bewertungsschema hilft bei der Auswahl.

* Interne Hinweise auf PU-Lehrgänge, sonstige geeignete Literatur, Erfahrungsaustausch mit geeigneten Kollegen, Training on the Job innerhalb des Geschäftsbereichs oder in anderen MBB-Unternehmensbereichen.

Grob- und Feinplanung ebenso wie die daran anschließende Verfolgung und Realisierung der Weiterbildungspläne stellen im Grunde Aufgaben dar, die ideal in einem Dialogsystem gelöst werden könnten. Vielleicht wird ein solches Dialogsystem die Endstufe der MBB-Weiterbildungsplanung darstellen. Was schon feststeht, ist die jährliche Wiederholung der Kenntniserhebung als Basis für eine erfolgreiche und wirtschaftliche Weiterbildungsplanung im Bereich Datenverarbeitung.

* Heidi Heilmann ist Mitgeschäftsführerin bei der Unternehmensberatung Integrata CmbH in Tübingen; Dr. Alexander Ehrismann ist Leiter der DV-Sicherung bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm in Ottobrunn.