Ausgespielt

Computerspiele-Entwickler 10tacle ist pleite

13.08.2008
Der Darmstädter Computerspiele-Entwickler 10tacle ("GTR2", "Jack Keane") hat ausgespielt.

Durch Verzögerungen bei der Entwicklung neuer Spiele und Probleme mit Investoren, die "ihren Einzahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen" sind, ist das Unternehmen gut zwei Jahre nach dem Börsenstart pleite. Die Geschäftstätigkeit sei "im Wesentlichen eingestellt", teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Olaf Sührer am Mittwoch in Darmstadt mit.

Völlig überraschend kommt das Aus nicht: Nach fetten Jahren, in denen Umsatz und Gewinn geradezu explosionsartig in die Höhe schossen, wurden Anleger im März mit einer Gewinnwarnung erschreckt. Der Entwickler von Renn-, Kriegs- und Fantasy-Spielen meldete "eine angespannte Liquidität" und verkündete die Entlassung von etwa einem Viertel der rund 400 Mitarbeiter. In den Folgemonaten bröckelte der Glanz weiter, zum Vorschein kam ein eher chaotisches Treiben: Manager in Vorstand und Aufsichtsrat wurden ausgetauscht, "gute" Nachrichten wurden später relativiert, die im Dezember 2007 angekündigte Übernahme des Berliner Publishers The Games Company (TGC) wurde im Mai gestoppt und die mehrmals verschobene Veröffentlichung der Zahlen für 2007 lässt bis heute auf sich warten.

Inzwischen sind die Telefonleitungen in der Zentrale der 2003 gegründeten 10tacle Studios AG in Darmstadt gekappt, Insolvenzverwalter Sührer spricht von "Managementfehlern insbesondere im Projekt- und Produktmanagement aber auch im Verhältnis zu Investoren". Spieleprojekte hätten nicht im geplanten Zeitrahmen und Budget fertiggestellt werden können.

Noch Ende Juli hatte der neue Vorstand Joachim Magin, der das Ruder seit Mai in Händen hält, nach der Ausgabe von Wandelanleihen und neuer Aktien gesagt: "Wir freuen uns, durch die erfolgreichen Kapitalmaßnahmen eine solide Basis für die Neuausrichtung des Unternehmens geschaffen zu haben. Die vollständige Zeichnung der Kapitalmaßnahmen verstehen wir als Vertrauensbeweis der Investoren in die Zukunft der 'neuen' 10tacle Studios." Doch trotz der Jubelarie blieb das Vertrauen am Ende aus - und damit das dringend benötigte Geld. Eine Woche nach Magins optimistischen Worten beantragte das Unternehmen am 6. August die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Möglicherweise hatte der Firmengründer und frühere Vorstand Michele Pes die Schieflage längst erkannt: Er verließ das sinkende Schiff im Mai, "um damit den Neuanfang des Unternehmens aktiv zu unterstützen", wie es damals hieß. Noch im April hatte Pes einen kräftigen Umbau angekündigt. "In den kommenden 18 Monaten strukturieren wir 10tacle um. Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft als hochwertiger Video-Spiele-Entwickler. Werbung und Vertrieb lagern wir aus", sagte er damals der dpa.

Pes räumte seinerzeit Fehler beim Entwicklungsstudio in der slowakischen Hauptstadt Bratislava ein, wo das Fantasy-Spiel "Elveon" eigentlich bis Mitte 2007 entwickelt werden sollte. "Dort ist es nicht gelungen, die erforderliche Qualität im beantragten Preisrahmen zu liefern", klagte Pes. Auch die Entwicklung des Konsolenspiels "Totems" verspätete sich. Damit gerieten die Prognosen des Managements für 2007 ins Wanken, die einen Konzern-Umsatz von etwa 52 (2006: 29,3) Millionen Euro sowie einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 9,3 (4,7) Millionen Euro vorhergesagt hatten.

Neben den Beschäftigten leiden auch die Anleger unter der Zahlungsunfähigkeit. Sie stehen praktisch mit leeren Händen da. Der Ausgabepreis der Aktie hatte im Juni 2006 bei 11,75 Euro gelegen. Nach einem Zwischenhoch auf über 14 Euro war das Papier im November 2007 noch rund elf Euro wert, bevor es den Sturzflug antrat. Seit Jahresbeginn dümpelte der Aktienkurs bei 1,60 Euro, nach Bekanntwerden des Insolvenzantrags brach er nochmals ein und landete am Mittwoch unsanft bei 0,25 Euro. (dpa/tc)