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Computerspiele – ein echter Markt

08.08.2007
Bislang waren Computerspiele verschrien, bestenfalls wurden die Spieler verlacht. Nun fällt plötzlich auf: Es handelt sich nicht um ein zeitlich begrenztes Phänomen, sondern um einen echten Markt.

Jahrelang bestimmte ein Zwang das reale Leben von Computerspielern: Sich stets gegenüber Außenstehenden für die Leidenschaft rechtfertigen zu müssen. Dies galt nicht nur für Fans von "Killerspielen", sondern ganz allgemein: Wie kann man nur wertvolle Stunden/Tage/Wochen vor der Kiste verbringen, statt etwas "sinnvolles" zu machen? Doch allmählich ändern sich die Vorzeichen, und Computerspiele rücken aus ihrer Schmuddelecke heraus – sie werden langsam salonfähig. Dies liegt einerseits daran, dass die Branche und die (ehemaligen) Spieler in den letzten Jahren gereift sind, andererseits aber auch an den nackten Zahlen: Die Spielebranche ist ein richtiger Markt geworden, den man inzwischen nicht mehr ignorieren oder abkanzeln kann, sondern ernst nehmen muss.

Bestes Indiz dafür ist die Tatsache, dass sich der ansonsten eher "Unternehmens-fokussierte" IT-Branchenverband Bitkom dazu hergibt, angesichts der in Leipzig anstehenden Messe "Games Convention" Zahlen zum Marktvolumen der deutschen Spielebranche zu veröffentlichen. Demnach ist der Markt hierzulande im ersten Halbjahr 2007 stark gewachsen, nämlich um 29 Prozent auf 873 Millionen Euro. Die Summe umfasst Umsätze mit Konsolen, Konsolenspielen und PC-Spielen. Nach Bitkom-Berechnungen wird das Volumen im Gesamtjahr 2007 um 21 Prozent auf 2,14 Milliarden Euro steigen. 2006 lag der Wert noch bei 1,77 Milliarden Euro, 2005 bei 1,57 Milliarden Euro. Der Spielemarkt sei heute ähnlich bedeutend wie etwa die Film- oder Musikindustrie, lässt sich Manfred Gerdes, Mitglied des Bitkom-Präsidiums, in der offiziellen Mitteilung des Verbands zitieren.

Noch lässt sich dies nicht mit Zahlen belegen, denn 2006 wurden in deutschen Kinos laut der Spitzenorganisation der deutschen Filmwirtschaft (SPIO) gut 814 Millionen Euro umgesetzt. Hinzu kommen Einnahmen aus dem Verleih und Verkauf von DVDs/Videos, die sich 2005 auf 1,686 Milliarden Euro belaufen haben, wenn auch zuletzt mit sinkender Tendenz. Summa summarum klafft hier noch eine Lücke, die von der Spielebranche geschlossen werden muss. Dabei steht außer Frage, dass ihr dies in den kommenden Jahren auch gelingen wird – Wachstumsraten von 29 Prozent sind in der Filmwirtschaft längst Geschichte. Die Entscheidung von Microsoft, 2001 mit der "Xbox" eine eigene Spielkonsole in den Markt zu drücken, kann man angesichts der Entwicklung in den vergangenen Jahren nur als "visionär" bezeichnen. Ob sich der Konsolenmarkt auch ohne die Xbox und den von den Medien dankbar aufgegriffenen Wettbewerb mit Sony so positiv entwickelt hätte, darf getrost bezweifelt werden. (ajf)