Umfrage bei DV-Herstellern: Haben Sie Computer Integrated Manufacturing realisiert?

Computerindustrie schlägt erste CIM-Brücken

21.11.1986

MÜNCHEN - "CIM" (Computer Integrated Manufacturing) - das Konzept der Zukunft, das jedes Unternehmen braucht, wenn es wettbewerbsfähig bleiben will" heißt der Werbeslogan, mit dem die DV-Hersteller jetzt verstärkt auf den Markt gehen. Die COMPUTERWOCHE untersuchte daraufhin, inwieweit dieses Konzept bei den CIM-Anbietern in ihren eigenen Unternehmen verwirklicht ist. Ergebnis: In Ansätzen ist CIM bereits realisiert - durchgängig ist längst nicht alles.

Bei unseren Recherchen kristallisierte sich heraus, daß auf dem Markt derzeit zwei Definitionen von CIM gebräuchlich sind. Siemens beispielsweise versteht unter CIM die Automation im rein technischen Bereich. Für IBM ist CIM jedoch die Verbindung aller Tätigkeiten, die zur Herstellung der Produkte gebraucht werden. Also außer dem Fertigungsbereich (CAD/CAM/PPS) gehören auch die Betriebswirtschaftlichen Systeme (BS) und die Bürokommunikation (BK) dazu. Dies nennt Siemens wiederum CAI (Computer Aided Industry).

Just-in-time erhält Wettbewerbsfähigkeit

Gleichgültig, welchen Namen das Kind hat, das A & O dabei bleibt: Die Durchlaufzeiten in einem Unternehmen müssen optimiert werden. Nur auf diese Art und Weise ist gewährleistet, daß stets schnell auf Marktschwankungen reagiert werden kann. Natürlich gibt es auch hierfür ein Schlagwort. Es heißt Just-in-time. Das bedeutet: Das richtige Teil muß zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gefertigt werden. Läßt ein Unternehmen diesen elementaren Grundsatz außer acht, wird es auf Dauer nicht gegenüber der Konkurrenz bestehen können. Da gerade in der DV-Branche ein sehr harter Wettbewerb herrscht, und nur der Flexible eine Chance hat, sind die Elektronik-Hersteller interessanterweise selbst die besten Kandidaten für CIM.

Auch bei der IBM ist nicht alles durchgängig

Selbst der Branchenführer bleibt von diesen Anforderungen nicht verschont. Hans-Henning Hogrefe, Leiter der Logistik bei IBM Stuttgart, erklärte dazu: "Die CIM-Bausteine, die bei uns verwirklicht sind, unterscheiden sich von Werk zu Werk und von Labor zu Labor. Es gibt in verschiedenen Werken in Verbindung mit Schwesterwerken in Amerika Insellösungen. Damit fängt man an, für eine bestimmte Sache diese gesteuerte Integration aufzubauen und im Laufe der Zeit zu erweitern. Insellösungen sind das insofern, da wir bestimmte Bauteile aus der Entwicklung heraus bis in das Werk hinein durch Computersteuerung erstellen und bauen. Allerdings ist das nur für ein bestimmtes Teil und nicht für das gesamte Produkt so. Eine oder mehrere solche Anwendungen sind in fast jedem Werk der IBM zu finden."

Ein paar Kilometer von Stuttgart entfernt, in Böblingen bei Hewlett-Packard, will man den ClM-Zug auch nicht verpassen. "In unserer eigenen Metallvorfertigung setzen wir sogenannte CIM-Bausteine in der Produktion ein", erläuterte Michael Krug, Pressereferent bei Hewlett-Packard. "Wir haben beispielsweise für die Konstruktion und die Blechfertigungssteuerung die direkte Verbindung geschaffen. Dazu gehört bei uns auch die Materialwirtschaft und Werkzeugverwaltung. Einzellösungen sind allerdings noch die Qualitätsprüfung und die Bürokommunikation."

Teilweise ist CIM in der Bundesrepublik bei den DV-Herstellern aber nicht einmal in Ansätzen vorhanden. Dies trifft besonders für kleinere deutsche Töchterunternehmen zu. Ein Beispiel hierfür ist NCR. Pressesprecher Lutz Leinert von NCR dazu: "In unserem Augsburger Werk läßt sich CIM nicht sinnvoll realisieren. Das liegt aber an der Struktur der Produktion."

Ähnlich sieht die Situation bei Motorola in Deutschland aus. "Bei Halbleitern bedienen wir uns heutzutage aller möglichen Computerunterstützungsmittel", äußerte Wolfang Hofmann, Leiter Marketing-Service bei Motorola, "eines davon ist CAD. CIM haben wir in Deutschland allerdings nicht."

Kleine amerikanische Töchter hinken hinterher

In dasselbe Horn bläst auch Texas Instruments. "Wir haben CIM in Deutschland nicht", so der Leiter des Geschäftsbereichs für Systeme, Jürgen Kesper. "Das liegt daran, daß wir hier keine Fertigung haben, für die es sich anbietet. Hier ist nur eine Halbleiterfertigung, und bei der ist diese Flexibilität nicht erforderlich. CAD ist aber im Einsatz."

Wesentlich weiter ist die deutsche Siemens. Karl-Heinz Sohr, Hauptgruppenleiter der Abteilung Promotion im Geschäftsbereich Datentechnik und Vertrieb bei Siemens: "Wir haben CAO (Computer Aided Office). Das heißt, das Finanz- und Rechnungswesen, der Vertrieb, die Beschaffung und auch das Personalwesen sind entsprechend miteinander verknüpft. Es gibt in Augsburg im Werk für Systeme Verknüpfungen zwischen PPS (Produktionsplanung und -steuerung) und CAO oder CAE (Computer Aided Engineering) und CAO oder die Verknüpfung von PPS und CAI (Computer Integrated Industry) oder CAI und CAM (Computer Aided Manufacturing). Wir wissen, daß das noch nicht komplett ist, aber wir machen weiter."

Auch der zweite deutsche Hersteller, Nixdorf, engagiert sich für CIM. Karl-Heinz Stiller, Bereichsvorstand Produktion bei Nixdorf: "Wir können sagen, daß wir eine Koppelung erreicht haben zwischen CAD-Systemen und den entsprechenden CAM-Plätzen in der Produktion. Das heißt die CAD-Daten werden übernommen, Technologiedaten hinzugefügt und aus dem PPS-System Daten eingespielt. Das Ganze ist dann noch mit einem DNC-BDE-Rechnersystem gekoppelt." Die Verbindung zur Bürokommunikation fehlt jedoch auch hier.