Computer und Fernmeldewesen:Skepsis berechtigt - Prognosen falsch

06.06.1975

BONN - "Es bestehen berechtigte Befürchtungen, daß die technischen Grenzen des bestehenden Telefonnetzes und die hohen Gebühren für die Fernmeldedienste limitierende Faktoren für das erwartete Wachstum der Computer-Telekommunikation und der interessierten Industrien sein werden." Dieser Satz wurde schon vor einigen Jahren auf Englisch geschrieben - jetzt kann man ihn auch auf Deutsch in der Übersetzung der OECD-lnformatik-Studie "Computer und Fernmeldewesen" nachlesen. Diese Prognose hat sich zumindest in der Bundesrepublik als richtig erwiesen: der DFÜ-Einsatz, gebremst durch Modem-Lieferzeiten, ist zum Rechenexempel mit Postgebühren geworden.

Der Reiz bei der Lektüre dieses Textes liegt im Vergleich damaliger Prognosen mit der heutigen Realität. Und da stellt man fest, wie sehr sich die Fachleute verschätzt haben: so errechnete man in der Studie, ausgehend von den 4300 im Modems installiert sein würden. Tatsächlich gab es im Februar 75 aber fast 9000 Modems für Telefonwählverkehr (darunter 3500 "langsame" mit 20 Bit/Sekunde wie sie zum Beispiel bei Hypothekenbestellsystemen benutzt werden) und außerdem noch einmal über 6000 "Hauptanschlüsse für Direktruf" mit Standleitungen. Zusammen ist das fast doppelt so viel wie vor vier Jahren geschätzt.

Auch bezüglich der Ausbreitung der EDV hat man sich getäuscht: so schätzte der Afips-Report 1971 den Wert der Computer in der Bundesrepublik für 1974 auf 1,1 Milliarden Dollar - tatsächlich waren aber Ende vergangenen Jahres die installierten Universal-Systeme allein rund 11 Milliarden Mark, die Computer insgesamt einschließlich Prozeßrechner gut 21 Milliarden Mark wert. Selbst wenn man die Wechselkursveränderungen berücksichtigt, haben die Experten sich noch um mehrere hundert Prozent verrechnet. -py

(Dieter Kimbel: "Computer und das