Modellversuch des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft:

Computer muß für Frauen selbstverständlich werden

28.06.1985

MÜNCHEN (CW) - Obwohl der Arbeitsmarkt derzeit besser aussehen könnte und gerade Frauen eine etwas schlechtere Ausgangsposition bei der Berufswahl haben, machen dennoch viele von ihnen um die neue Computertechnologie noch einen großen Bogen. Um den Gründen dafür auf die Spur zu kommen hat das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft im März dieses Jahres einen Modellversuch durchgeführt, dessen Ergebnisse nun bekanntgegeben wurden.

Das zunächst interessanteste Ergebnis: Die anfängliche Scheu vor, dem Computer war bei allen Teilnehmerinnen des Modellversuchs schnell abgebaut. Dennoch beteiligte sich insgesamt gesehen nur ein recht bescheidener Anteil der Frauen an dem Test. Eine höhere Beteiligung wäre schon allein deshalb wünschenswert gewesen, weil sich die Erwerbssituation der Frauen durch den zunehmenden Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechniken "beträchtlich verändern wird", wie das Institut der deutschen Wirtschaft (iwd) in seiner aktuellen Veröffentlichung feststellt. Insbesondere Tätigkeiten, die bislang von Frauen ausgeführt wurden, werden auf Dauer per Computer ausgeführt. Und auch die Männer drängen zunehmend in Dienstleistungsberufe, die früher noch als typisch weiblich galten.

Wie sehr die Frauen in einer mehr und mehr technisch orientierten Bürolandschaft ins Hintertreffen zu geraten drohen, macht eine zusätzliche Untersuchung deutlich, die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung durchgeführt wurde. So sollen bei einer im Bürobereich insgesamt weiter steigenden Beschäftigtenzahl der Anteil der Frauen erstmals seit 20 Jahren in genau der Sparte zurückgehen, in der am stärksten automatisiert woren ist. In Zahlen ausgedruckt heißt das, daß der Anteil der Männer von allen männlichen Erwerbstätigen in den kaufmännischen Büroberufen zwischen 1980 und 1982 von 12,2 auf nunmehr 13,4 Prozent stieg - im Gegensatz hierzu ging der Anteil der Frauen von 22,0 auf 20,7 Prozent zurück. Gerade im kaufmännischen liegt der Anteil derer, die an programmgesteuerten Büromaschinen und Terminals tätig sind, mit 20 Prozent höher als in anderen Büroberufen, heißt es in der Untersuchung.

Nur zwei Prozent der Mädchen interessiert

Hieraus zieht das iwd eine erste Bilanz. Frauen werden sich demnach nur dann gegen die männliche Konkurrenz behaupten können, wenn für sie der Umgang mit Bürocomputern zur Selbstverständlichkeit wird. Durch zahlreiche Barrieren wird allerdings den Frauen immer noch der Zugang zu vor allem anspruchsvolleren Tätigkeiten erschwert, stellt das Institut weiter fest. Auch zählt hierzu noch das Vorurteil, daß die DV nach wie vor reine Männersache sei, sowie die ablehnende Haltung der Frauen selbst gegenüber der Beschäftigung mit der Technik. Diese ursprüngliche Vermutung bestätigte sich denn auch bei der Teilnehmerzahl am dritten Bundeswettbewerb Informatik der gleichnamigen Gesellschaft: Nur zwei Prozent der Interessenten waren Mädchen.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft im März dieses Jahres zusammen mit einem Rechnerhersteller und einer Frauenzeitschrift das Modellprogramm "Computerkurse für Mädchen" in die Wege geleitet. Insgesamt sieben regional gestreute und über mehrere Monate verteilte, je fünftägige Kurse für Schülerinnen und Auszubildende im Alter von 15 und 20 Jahren mit einem Teilnehmerlimit von 20 Personen soll zu einer Reihe von Fragen Aufschluß geben. Unter anderem soll erörtert werden, warum weniger Mädchen als Jungen die Vielzahl der DV-Nachhilfeangebote von Volkshochschulen oder Wirtschaftsvereinigungen in Anspruch nehmen und wie die unterschiedlichen Hemmschwellen aus dem Wege geräumt werden können. Außerdem soll die Frage geklärt werden, wie Computerkurse inhaltlich, methodisch und organisatorisch gestaltet sein müssen, damit sich auch Mädchen angesprochen fühlen.

Abschließend teilt das iwd, daß die Aufgabe des Modellversuchs, nicht darin besteht solide Programmierkenntnisse zu vermitteln. Vielmehr soll dieser - beispielsweise durch Unternehmensplanspiele über die praktischen Einsatzmöglichkeiten des Computers informieren um bei Mädchen Interesse für zukunftsträchtige Berufsbilder zu wecken. Ganz klar hat sich bereits nach den ersten Kursen herausgestellt, daß junge Frauen im Umgang mit Computern erwartungsgemäß genauso geschickt sind wie ihre männlichen Kollegen.