Computer lösen keine Bildungsprobleme

19.09.2002

Für Schulen in sozialen Brennpunkten stehen dem PC-Einsatz ganz andere Hindernisse im Weg. Es gibt Klassen, in denen Kinder weder Deutsch noch die Muttersprache ihrer Eltern fehlerfrei beherrschen. Dazu kommen motorische Schreibprobleme, bei denen kein Computer helfen kann, so die Erfahrung einer Lehrerin an einer Hamburger Gesamtschule.

Angesichts der heterogenen Bildungslandschaft in Deutschland ist sich auch die Initiative D21 bewusst, dass IT in der Schule erst am Anfang steht. „Die Frage der Standardisierung der Systeme ist ebenso wenig gelöst wie die der Wartung: Bislang gibt es dafür zwar in vielen Bundesländern Geld aus den staatlichen Töpfen. Aber die meisten Landesinitiativen sind zeitlich begrenzt. Danach müssen die jeweiligen Träger der Schule - in der Regel Städte und Gemeinden - für die Kosten aufkommen“, beschreibt Monika Danner, Bildungsexpertin der Initiative D21 das Problem. Angesichts der zu erwartenden Support-Kosten sind künftige Konflikte schon programmiert. In den vergangenen Jahren unterstützte die Industrie die Schulen durchaus. IT-Hersteller wie Microsoft, IBM, HP, Cisco oder Intel, alle Mitglieder der Initiative D21, haben Millionen von Euro in Hardware, Software und Schulungen für Lehrer und Schüler investiert.

Vielversprechende Projekte

Allerdings ist zu erwarten, dass dieses Engagement in wirtschaftlich schwierigen Zeiten abnimmt. Außerdem betrachten die Firmen Bildungssponsoring auch als Investition in eigener Sache. Wer heute Schulen kostenlos mit Computern ausstattet oder dort die eigene Software verbreitet, hofft auf das Geschäft von morgen. So auch Sun Microsystems: Der Softwarehersteller hat Anfang September die ersten Schulen in Paderborn mit Ultra Thin Clients ausgestattet. Insgesamt 3,5 Millionen Euro macht die Stadt locker für das Projekt „Lernstatt Paderborn“, das bis Mitte 2003 etwa 1600 wartungsarme Thin Clients und 100 Server in den Schulen installieren sowie alle 45 Schulen der Stadt vernetzen will.

„Wir adressieren mit dem Thin-Client-Projekt rund 48000 allgemein- und berufsbildende Schulen, 800000 Lehrer und zwölf Millionen Schüler in Deutschland.“ Ute Hesenius, Sun-Vertriebsleiterin Forschung und Lehre für Deutschland und Österreich, zeichnet ein positives Bild. Sie hat hochgerechnet, was in die Schulen investiert werden müsste, wenn die heutigen Vorstellungen von Computern in jedem Lehrer- und Klassenzimmer realisiert würden. Für diese Anschaffungen wäre bis 2005 ein Investitionsvolumen von fünf Milliarden Euro notwendig. Selbst wenn nur ein Bruchteil davon investiert würde und Sun im Gespräch bliebe, hätte sich das Engagement bereits gelohnt.

Es kommt auf die Lehrer an

Ob sich die Investitionen für die Schüler in jedem Fall auszahlen, ist allerdings fraglich. „Es kommt auf den einzelnen Lehrer an.“ Diese Binsenweisheit trifft besonders auf den sinnvollen Einsatz der neuen Medien im Unterricht zu. Ein mögliches Nadelöhr bleibt die Lehrerfortbildung. Selbst wenn die Schulrechner die neueste Software und eine schnelle Internet-Anbindung bieten, müssen die Pädagogen damit umgehen können.

Intel startete im Jahr 2000 mit Microsoft eine weltweite Kampagne zur Lehrerweiterbildung. Die deutsche Version erarbeitete die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen in enger Zusammenarbeit mit den Kultusministerien der Länder. Mit dem Programm „Intel - Lehren für die Zukunft“ wurden bisher bundesweit 130000 Lehrkräfte fortgebildet, die ihr Know-how an Kollegen weitergeben sollen. „Die Lehrer lernen, Word zu bedienen, eine Powerpoint-Präsentation zu erstellen und das im Unterricht einzusetzen“, sagt Christian Lenz, Bereichsleiter Neue Medien am Institut für Lehrerfortbildung in Hamburg.