Grafikerin entdeckt Plotter als Handwerkszeug:

Computer "animieren" zu mehr Formenreichtum

05.10.1984

EGLING -"Am liebsten beschäftige ich mich damit, Möglichkeiten visuellen Neulands zu erforschen, die der Kombination des Computers mit dem mathematischen Formalismus entwachsen. Die so erzeugten Formen und Muster liegen oft außerhalb meiner Vorstellungsgabe", sagt die gelernte Grafikerin und Illustratorin Christa Schubert.

Auf den Geschmack an Computern gekommen ist die 55jährige und heute im südkalifornischen Long Beach lebende Künstlerin durch Veröffentlichungen in der Fachpresse und durch die Heirat mit einem Programmierer. Gelegenheit, selber mit einem computergesteuerten Plotter zu experimentieren, enthielt sie Anfang der siebziger Jahre.

Daß ihr der Umgang mit dem Computer keine Schwierigkeiten bereitete, führt Christa Schubert vor allem Dingen auf ihre Vertrautheit mit verschiedenen Drucktechniken zurück. Vor vier Jahren schließlich erwarb sie einen eigenen, hochauflösenden Tischplotter (Rapidograph) für die Ausführungen von Zeichnungen mit Tuschfedern. Damit kann sie unter anderem mehrere Zeichnungen mit verschiedenen Farben einer umfangreichen Palette übereinander anfertigen.

Nachdem zunächst ihr Mann die einschlägige Software entwickelter beschäftigt sich die Grafikerin seit kurzem auch selbst mit Programmieraufgaben. Als eine besondere Möglichkeit des Computerdesigns beziehungsweise der Computeranimation sieht Christa Schubert den Aufbau mehr oder weniger regelmäßiger Formen an, die durch Kombination, Rotation, Verschiebung, Vergrößerung voneinander verschiedene Realisationen möglich sind. Das Programm "Star" beispielsweise enthält 19 Parameter und dient dem Aufbau sternförmiger und anderer radialsymmetrischer Kombinationen; weitere Programme ermöglichen den Aufbau von Reihenmustern und Moirés. Mit dieser auf mathematischgeometrischen Prinzipien beruhenden Arbeitsweise glaubt Christa Schubert, weit über das hinauszukommen, was durch manuelle Methoden erfaßbar ist. Immer wieder ist sie vom Reichtum der Formen fasziniert, die in den Programmen enthalten sind. Sie betont, daß sie die computergenerierten Grafiken nicht als etwas Kaltes empfindet, eher sieht sie Entsprechungen zu organischen Formen. Ihre Art der Näherung an die Materie ist das Experiment. So erwarb sie aufgrund eigener Erfahrungen Kenntnisse über Proportionen, Transformationen und Reihenbildungen, die sie für den Entwurf von Firmenzeichen, Ornamenten sowie für Muster auf Textilien und Papier einsetzen konnte .

Christa Schubert beschäftigt sich nicht nur privat mit Computergrafik, sie ist auch als Lehrerin für Computerdesign tätig. Besonders wichtig erscheint es ihr, den Zugriff zu Computergrafik-Systemen für Künstler und Designer ohne Spezialkenntnisse im Programmieren zu erleichtern. Darüber hinaus ist sie im Rahmen verschiedener Präsentationen an die Öffentlichkeit getreten, unter anderem bei der Art Show der Sig-Graph-Organisation und bei der Ausstellung "Women and Computer - an art for the future" am Roanoke College in Salem.

Herbert W. Franke ist Professor für Kybernetische Ästhetik, Schriftsteller und Computergrafiker.