Compliance - Programm statt Projekt

07.04.2005
Von Katharina Friedmann

Regulierungsanforderungen bieten auch Chancen

Capgemini-Berater Augenstein ist jedoch zuversichtlich, dass Firmen die Gelegenheit beim Schopf packen und etwa ihre Rechnungslegungssysteme nach der ersten IFRS-Einführungswelle effizienter gestalten werden. Ein Beispiel für potenzielle Synergien: Ein im Rahmen der EU-Bestimmungen vorgeschriebenes Instrument, das die bilanzielle Aktivierung von Entwicklungsleistungen bei der Erfüllung bestimmter IFRS-Anforderungen vorschreibe, erfordere die enge Zusammenarbeit zwischen Finanzchef und Entwicklungsabteilung. "Auf dieser Basis würde sich - quasi als Nebeneffekt der Regulierungsanforderung - der Ausbau zu einem Entwicklungs-Controlling anbieten, das heute beim Gros der Firmen noch in den Kinderschuhen steckt", so der Capgemini-Experte.

Organisatorisch ist das Thema Compliance in den meisten Unternehmen beim Finanzchef aufgehängt. Einige große Konzerne haben bereits eigene, ebenfalls im Finanzbereich angesiedelte Stabsstellen eingerichtet, die mehrere Compliance-Themen vereinen. Auch wurden schon ein paar Chief Compliance Officers (CCOs) ernannt.

Nach Ansicht von Augenstein mangelt es aber noch an Methodenabteilungen, die von zentraler Stelle aus klare Anleitungen geben, so dass Töchter und Einzelbereiche die Vorgaben eindeutig und transparent umsetzen könnten. Für Temporale wiederum besteht noch Handlungsbedarf im Hinblick auf das Programm-Management. Als Steuerungsinstrument für sämtliche Compliance-Projekte würde es ermöglichen, verwandte Themen entsprechend ihrer Überschneidungen zu adressieren.

Risiko-Management: Europäer haben die Nase vorn

Nach den Erfahrungen von AMR-Analyst Hagerty verfügen Unternehmen auf dem alten Kontinent über ein ungleich tieferes Verständnis in Sachen Risiko-Management, einem der Kernbereiche der großen Compliance-Themen als US-Firmen. "Wer seine Denkweise bereits dahingehend ausgerichtet hat, tut sich mit Compliance weitaus leichter." Augenstein führt diesen besonders in Deutschland spürbaren Vorsprung nicht zuletzt auf das seit 1998 geltende "Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich" (Kontrag) zurück. Es macht Manager haftbar, wenn sie keine Vorsorge oder Frühwarnung im Rahmen des unternehmensweiten Risiko-Managements betreiben.