Mannheimer PCMer konnte sich mit Hitachi über den Kaufpreis nicht einigen:

Comparex mit NAS-Deal endgültig gescheitert

22.09.1989

MANNHEIM/MÜNCHEN (bk) - Lange Gesichter bei der Mannheimer Comparex: Die geplante Übernahme der Euro-Division des Konkurrenten NAS ist endgültig gescheitert.

Trotz monatelanger Verhandlungen konnte sich der PCM-Anbieter mit seinem japanischen OEM-Partner und NAS-Aufkäufer Hitachi nicht einig werden. Dieser hatte im April die Kaufsumme plötzlich von 200 auf 300 Millionen Dollar hochgeschraubt.

"Unsere Absicht, die europäischen NAS-Aktivitäten zu übernehmen, ließ sich nicht realisieren." Mit diesen knappen Worten gab Rolf Brillinger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Comparex Informationssysteme GmbH, jetzt das endgültige Aus des geplanten NAS-Deals bekannt. Das Problem der zusätzlich zum Kaufpreis anfallenden 100 Millionen Dollar, die an Steuern durch den Weiterverkaufsgewinn entstehen, habe sich trotz intensiver Verhandlungen als nicht lösbar erwiesen. Für Comparex indes, so Brillinger weiter, sei der Erwerb von NAS Europa zu diesem Preis insgesamt 300 Millionen Dollar gleich 600 Millionen Mark - wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen. Damit mußte der Mannheimer PCM-Anbieter, der mit dem Ludwigshafener Chemieriesen BASF (66,5 Prozent) und dem Münchener Elektronikkonzern Siemens (33,5 Prozent) zwei finanzstarke Mütter hinter sich hat, wegen eines Differenzbetrages von 100 Millionen Dollar alle NAS-Träume endgültig begraben. Und, durch die verstärkte Konkurrenz aus dem eigenen Lager muß Comparex künftig selbst um seinen Platz im europäischen PCM-Markt bangen.

Dabei hatte im März dieses Jahres noch alles für Comparex als neuen Besitzer der Euro-Division von NAS gesprochen. Der japanische Elektronikriese Hitachi erwarb über ein eigens gegründetes Joint-venture mit der General Motors-Tochter EDS die National Advanced Systems, die kränkelnde Großrechner-Division von National Semiconductor. Danach schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann Hitachi, der OEM-Partner von Comparex (allerdings auch von NAS), das Europa-Geschäft von NAS an die Mannheimer weiterreichen würde, die sich damit einen wichtigen europäischen Kontrahenten aus dem Weg hätten schaffen können. Erwartet wurde dieser Deal für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres.

Doch Brillinger und seine Mannschaft hatten sich zu früh gefreut. Anstatt der vereinbarten 200 Millionen Dollar forderten die Japaner plötzlich 300 Millionen von Comparex - dieser Betrag aber war der BASF/ Siemens-Tochter zu hoch. Der Comparex-NAS-Deal war vorerst geplatzt, die ursprüngliche "Formalität" wurde zur Hängepartie. Dennoch verlautete immer wieder aus Mannheim, man sei zuversichtlich, das Geschäft doch noch unter Dach und Fach zu bringen.

Dieser Optimismus aber half dem Comparex-Team wenig: Die Verhandlungen sind jetzt endgültig gescheitert, NAS Europa bleibt definitiv bei Hitachi.

Für Comparex heißt nun die Devise, die mittelfristige Zukunft des Unternehmens zu sichern. Dazu, so Brillinger, wolle man den Service- und Dienstleistungssektor verstärken und die Entwicklungskapazitäten ausbauen. Erschlossen werden sollen zudem neue Marktsegmente, denn der PCM-Markt stagniert.

Sorgen bereitet den Mannheimern derzeit vor allem der bundesdeutsche Markt. Bei einem Gesamtumsatz von rund 500 Millionen Mark in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres blieben die Einnahmen in der Bundesrepublik Deutschland mit 220 Millionen Mark nach Auskunft des Comparex-Chefs deutlich unter den Erwartungen. Dennoch sei mit einer wesentlich besseren zweiten Jahreshälfte zu rechnen, da nach dem schlechtem Start Anfang des Jahres die Auftragseingänge bei Großrechnern und Peripheriegeräten mittlerweile beträchtlich zugenommen hätten. Dennoch werde der Gesamtumsatz für 1989 wohl gerade das Vorjahresniveau (rund 1,08 Milliarden Mark) erreichen.

Auch in Sachen Mitarbeiterzahl konnte der PCMer in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres nicht so wachsen wie gewünscht, Brillingers Begründung: "Das Kapitel NAS hat den Personalausbau behindert." Jetzt aber wolle man die Belegschaft aufstocken. Derzeit beschäftigt Comparex weltweit 1120 Mitarbeiter, davon rund 640 in der Bundesrepublik.

Nicht herankommen werden die Mannheimer indes an den Ertrag von 1988. Zu schaffen macht Comparex der hohe Dollarkurs. Brillinger: "Der Kurs ist um mehr als 14 Prozent gestiegen. Dies geht zu Lasten der Margen, die man erzielen kann." Der Gruppengewinn nach Steuern werde am Ende des Geschäftsjahres deshalb mit rund 35 Millionen Mark deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen. Da hatte die Comparex-Mannschaft noch einen Ertrag von 47,7 Millionen Mark erzielen können.