Die im Juni vorgestellten Rechner werden umgebaut

Comparex: Keine Probleme mit S/390-Offensive von IBM

28.09.1990

MANNHEIM/KOPENHAGEN (bk) - Einstelliges Umsatzwachstum, schmaler Gewinn: bescheidene Erfolge der BASF/Siemens-Tochter Comparex, die Hitachi-Rechner auf OEM-Basis vertreibt. Angesichts der jüngsten IBM-Offensive im /370-Markt wirkt der Optimismus des deutschen PCM-Anbieters freilich eher aufgesetzt.

"Wir werden Ende des Jahres sehr gut dastehen", gab sich Rolf Brillinger, Chef der Comparex Informationssysteme GmbH, Mannheim, gegenüber der Fachpresse in Kopenhagen zuversichtlich. Angesichts des bisherigen Verlaufs des Geschäftsjahres 1990 (siehe auch COMPUTERWOCHE Nr. 38, Seite 6), in dem der PCM-Anbieter zur Halbzeit 509 Millionen Mark einnahm, erwarte man am Ende ein Umsatzplus um einen einstelligen Prozentsatz im oberen Bereich gegenüber dem Vorjahr (1,06 Milliarden Mark).

Eine Steigerung der letztjährigen Erträge, als die BASF/Siemens-Tochter 32 Millionen Mark verdiente, scheint jedoch nicht in Sicht. "Wir haben eine Menge zu tun", so Brillinger, "um mit erhöhten Auslieferungen den Preisverfall wettzumachen und die Ertragslage zu halten. "Dennoch werde man die Umsatzrendite von drei Prozent nach Steuern von 1989 wieder erreichen.

Als "exzellent" bezeichnete der Comparex-Chef vor allem die bisherige Auftragslage bei Großrechnern im Inland. "In den ersten sieben Monaten dieses Jahres konnten wir bereits mehr Mainframes verkaufen als im gesamten Geschäftsjahr 1989." Dafür mußten die Mannheimer allerdings im Ausland Federn lassen. Guten Absatzzahlen in südeuropäischen Regionen stand eine deutliche Marktschwäche in England und Skandinavien gegenüber. Dort, so Brillinger, sei die Investitionstätigkeit stark zurückgegangen. Hohe Zinsen und Inflation täten ihr übriges.

Daß der Wettbewerb in Europa für die Comparex-Mannen härter geworden ist, liegt nicht zuletzt an der neuen Konkurrenzsituation mit Hitachi Data Systems (HDS). Zwar befindet sich Hitachi - seit dem Kauf der NAS vor gut einem Jahr mit eigener Europa-Tochter direkt im PCM-Geschäft - nach Ansicht des Comparex-Geschäftsführers noch in einer "Lernphase", so daß man mit der Konkurrenz im eigenen Lager bislang noch keine Probleme habe. "Aber", gestand Brillinger ein, "langfristig kann dies keine Lösung sein."

Aber auch schon im kommenden Geschäftsjahr wird dem deutschen Mitbewerber im IBM-/370-Markt der Wind wieder stärker ins Gesicht wehen. Grund: IBMs Ankündigung der neuen Großrechnerfamilie /390. Brillinger: "Die Kunden werden jetzt erst einmal eine Denkpause einlegen. Dies wird uns in den verbleibenden Monaten 1990 zwar noch nicht berühren, aber sicherlich Auswirkungen für das Ergebnis zumindest des ersten Quartals 1991 haben." Diese "Delle im Geschäft" aber hoffe man bis Ende des nächsten Fiskaljahres wieder ausgleichen zu können.

Zum Kraftakt der IBM, die am 5. September gleich 18 neue

Rechnermodelle unter der ebenfalls neuen ES/9000-Architektur vorgestellt hat, demonstrierte Brillinger Gelassenheit: "Die IBM hat eine Ankündigung vorgelegt, die eine Mischung aus Marketing, fälligen Produktverbesserungen, Produktinnovationen und strategischen Weichenstellungen ist. Für uns ist vor allem wichtig, daß die IBM ihre Strategie für die 90er Jahre endlich transparent gemacht hat."

Man werde jetzt mit Hitachi zunächst alle Einzelheiten des Annoucements analysieren, wobei für die Bewertung in einigen Bereichen allerdings die genauen Spezifikationen, Schnittstellenprotokolle etc. noch fehlten. "Diese liegen uns vereinbarungsgemäß erst in ein bis zwei Monaten vor." Bis Ende des Jahres jedoch wolle man den Kunden mitteilen, wann Comparex entsprechende IBM-kompatible Produkte auf den Markt bringen wird.

Genügend Zeit für die Anpassung

Darüber hinaus erklärte Brillinger, daß man ausreichend Zeit für die Anpassung des Produktangebotes habe, da die meisten neuen oder verbesserten Produkte ohnehin erst im nächsten Jahr verfügbar seien: "Die Summit-Modelle 9021-900 und 9021-820 kann die IBM erst im dritten oder vierten Quartal 1991 liefern. Wir gehen davon aus, daß wir mit adäquaten Rechnern früher am Markt sind."

Immerhin waren die Mannheimer im Kreis der IBM-/370-Anbieter die ersten gewesen, die neue Großrechner angekündigt hatten. Im Juni bereits stellte Comparex die Hitachi-CPUs vor, die der baden-württembergische PCM-Anbieter unter der Produktbezeichnung 9930 und 9940 im Sommer 1991 ins Rennen schicken will. Erläutert Vertriebschef Hans-Dieter Jonescheid diese frühe Aktion: "Hitachi mußte in Japan auf den Druck der Kunden reagieren, die leistungsstärkere Rechner forderten."

In Europa wiederum habe man die Lücke zur IBM 3090/ 600 füllen müssen, um den Kunden Wachstumsperspektiven zu bieten.

Nun will Comparex aus der Not eine Tugend machen. Pressesprecher Gunter Wolf. "Wir können auf diesen Rechnern aufbauen, denn von der Technologie her sind sie den IBM-Summit-Modellen gleichwertig." Jetzt hieße es lediglich noch, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen und "auf den IBM-Zug noch etwas draufzupakken".