Bilderbuchkarriere abrupt gestoppt

Compaqs Eckhard Pfeiffer muß gehen - und alle Fragen bleiben offen

23.04.1999
MÜNCHEN (jm) - Besonders schön hatte es für Eckhard Pfeiffer nicht begonnen: Die Schwanthaler Straße in Münchens Stadtmitte war zwar Compaqs erste Adresse in Deutschland. Die feinste war es jedoch nicht. Vielleicht hat es ja etwas zu bedeuten, daß die Bilderbuchkarriere des smarten Deutschen bei Compaq an der nichtssagenden Adresse 20555 SH 249 in Houston abrupt zum Stillstand kam.

Pfeiffer trat 1983 als Vice-President Europe mit fünf Mitstreitern an, nicht nur die Deutschland-Niederlassung des im Februar 1982 in Houston, Texas, gegründeten Computerunternehmens aufzubauen. En passant sollte er das Akronym Compaq in ganz Europa, Asien, Australien und Lateinamerika, mithin überall in der Welt außer in den USA, als Markenzeichen etablieren. Compaq, so die Botschaft, stehe für Compatibility und Quality.

Der 1941 im schlesischen Lauban geborene und in Nürnberg aufgewachsene Pfeiffer startete seine Karriere nach einem Handelsschulabschluß 1963 bei Telefunken. Bereits ein Jahr später wechselte er zu Texas Instruments (TI), wo er es in zwei Jahrzehnten bis zum Vice-President Corporate Marketing im TI-Hauptquartier in Dallas, Texas, brachte. Dort dürfte ihm Rod Canion bereits über den Weg gelaufen sein, der Mitbegründer von Compaq. Mindestens einmal noch kreuzten sich beider Pfade: 1991 setzte Ben Rosen, Mann der ersten Stunde bei Compaq und dessen Finanzier wie auch machtvolle graue Eminenz hinter den Kulissen, Canion in einem nicht ganz überraschenden Coup vor die Tür und Pfeiffer auf den Compaq-Thron.

Bis es so weit kam, hatte Eckhard oder "Ecki", wie der machtbewußte Manager hausintern nur genannt wurde, die Tochtergesellschaften in Deutschland, Frankreich und Großbritannien gegründet. Als President Europe zeichnete Pfeiffer ab 1989 für das gesamte internationale Geschäft verantwortlich. Den Sprung an die Spitze hatte er mit einem Umzug von München in die trostlose texanische Metropole Houston vorbereitet. Dort gab er sich als Executive Vice-President und Chief Operating Officer dem Alltagsgeschäft für die weltweiten Vertriebs-, Marketing- sowie Herstellungsaktivitäten hin. Im Oktober 1991 dann folgte die Inthronisation als President und Chief Executive Officer von Compaq.

Bezeichnend für den scharfen Wind, der im Topmanagement bläst, sind die Aussagen, die den abrupten Absturz Pfeiffers nun begleiten. Noch im Januar 1998 hatte das US-Wirtschaftsmagazin Forbes Compaq zum "Unternehmen des Jahres" auserkoren und damit indirekt die Verdienste von Pfeiffer gewürdigt. Das gleiche Magazin wählte den Deutschen 1996 in den illustren Kreis von zwölf CEOs, die 1995 die besten Management-Resultate vorzuweisen hatten. CNBC kürte Pfeiffer 1994 zum "CEO of the Year".

"Business Week" titelte im Februar 1998 angesichts des Compaq-Digital-Firmenzusammenschlusses mit "Eckis" Konterfei und der Schlagzeile, nun werde sich alles ändern, eine "neue Welt der Computer" entstehe. Das "Manager Magazin" sah in Pfeiffer noch vor zehn Monaten den "Außerirdischen", "Sonderling" zwar der Computerbranche, aber immerhin "erfolgreicher als alle anderen".

Heute haben die Experten natürlich alles besser gewußt. Plötzlich ist der deutsche Blitzkarrierist reduziert auf den tadellos gescheitelten und gebügelten Manager, der weniger Ausstrahlung als eine Computertastatur besitze, wie das "Handelsblatt" schreibt. Das gleiche Blatt versucht, Pfeiffer ausgerechnet gegen Microsofts Chef Bill Gates auszuspielen, welcher als "locker", als "kumpelhafter Charakterdarsteller" und als "Pop-Ikone" beschrieben wird. Wer Gates einmal live erlebt hat, darf diese Darstellung füglich als ahnungslos bezeichnen.

Plötzlich hat Pfeiffer Fehler an Fehler gereiht. Hierzu gehörten die mißratene Direktvertriebsstrategie und der Eiertanz mit dem Händlervertriebskanal, die Compaq gegenüber dem Konkurrenten Dell alt aussehen lassen. Geflissentlich verschwiegen wird, daß IBM oder HP, Fujitsu oder Siemens exakt die gleichen Probleme bis jetzt nicht eindeutig gelöst haben.

So abenteuerlich wie vorschnell sind Behauptungen heute, die Akquisition von Digital gerate zum kapitalen Rohrkrepierer. Kein einziger Analyst, kein Experte hatte während des Zusammenschlusses der zugegebenermaßen ungleichen Firmen im gesamten Jahr 1998 Zweifel am strategischen Sinn des Pfeifferschen Schachzugs geäußert.

Interessant auch, daß Pfeiffer heute als knallharter Manager qualifiziert wird, der im eigenen Haus wegen seiner Eiseskälte von kaum jemandem gern gelitten war. Daß er sich als Spitzenmann sah, der mittlerweile nicht mehr unter einem Chef arbeiten würde, ist verbürgt. Daß er keinen begnadeten Entertainer gab, belegen nicht ganz freiwillige Karaoke-Einlagen in Lederhosen als Mick-Jagger-Verschnitt und dem Eingeständnis "I can get no satisfaction." Daß "Ecki" der knallharte Abgang jetzt ebenfalls nicht befriedigen kann, dürfte sicher sein. Das mag nicht unwesentlich damit zu tun haben, daß Compaqs Management-Triumvirat um Ben Rosen erst noch zu erklären hat, warum Pfeiffer wirklich gehen mußte.