Zuwächse fielen nach Blitzstart im ersten Halbjahr '84 moderater aus

Compaq: Ungereimtheiten bei Erfolgszahlen

19.10.1984

MÜNCHEN (CW) - Die Rekordserie scheint bei der Compaq Computer Corporation, Houston, in diesem Jahr zu enden. Konnte das texanische Unternehmen 1983 nach eigenen Angaben noch das beste Erst-Jahres-Ergebnis in der Geschichte der amerikanischen Geschäftswelt erzielen. so nehmen sich die Zuwachsraten zumindest in den ersten beiden Quartalen des laufenden Geschäftsjahres verhältnismäßig bescheiden aus.

"In ganz kleinem Kreise eine der erfolgreichsten Firmen des Computermarktes durchleuchten", lautete das jüngste Einladungsangebot der Compaq Computer GmbH, deutsche Tochter des US-Konzern in München. Es dürften sicher einige Punkte aus der zweijährigen Geschichte der Gesellschaft aus Houston einem noch kleineren Kreis vorbehalten bleiben.

Zwar wundert es nicht, daß sich ein Unternehmen aus Texas automatisch zu den Größten zählt. Doch gibt es einige Ungereimtheiten bei den Compaq-eigenen Darstellungen über den Zeitraum, in dem der Aufstieg zum "Marktführer bei tragbaren 16Bit-PCs" und zum "weltweit zweitgrößten Hersteller" der gleichen Geräteklasse geschafft worden sein soll.

So heißt es zum Beispiel in der Einladung zur Pressekonferenz, daß Compaq in "nur 18 Monaten mit bisher 130 000 ausgelieferten Systemen" die angestrebte Größe erreicht hat. In einem dazu gelieferten kurzen Firmenportrait dauerte es immerhin schon 20 Monate, um über 130 000 Geräte in die Händlerregale zu stellen.

Offenbar wollten die Texaner aber anläßlich des Oktoberfestes in München nicht mit Zahlen geizen und katapultierten den Verkauf an ihre Fachhändler flugs auf über 150 000 Systeme. Danach müßte Compaq weltweit innerhalb von 15 Tagen 20 000 16-Bit-Computer abgesetzt haben.

20 000 Systeme müssen auch für texanische Verhältnisse viel Holz sein, denn noch im ersten Produktionsjahr 1983 konnte diese Quote erst im vierten Quartal (!) mit 25 000 Einheiten überschritten werden. Nach 16 900 im dritten und 8900 beziehungsweise 2200 Geräten im zweiten beziehungsweise im ersten Jahresviertel. Der Gesamtabsatz lag 1983 bei 53 000 Stück.

1984 setzte Compaq 27 500 Computer im ersten und 33 000 im zweiten Quartal 1984 ab. Die genaue Stückzahl des dritten Quartals wollte Vice-President James D'Arezzo nicht bekanntgeben, da es offiziell noch nicht abgeschlossen sei. Nachträglich behauptet Deutschland-Manager Gert Hart, daß wohl die Gesamtzahl 150 000 stimme.

Interessant ist neben den Zahlenspielereien auch die wundersame Geschäftsentwicklung. "Wir arbeiteten schon im sechsten Monat nach der Gründung mit Gewinn", freute sich Gert Hart, der dem Vice-President Europe, Eckart Pfeiffer, "kräftig" beim deutschen Geschäft hilft. Insgesamt will Hart bis zum Jahresende "über 2000 Geräte" in Deutschland an den Mann gebracht haben. Das würde beim derzeitigen Dollarkurs ein Umsatzvolumen von 13 Millionen Mark bedeuten. Insgesamt will Compaq 1984 in Europa 70 000 Millionen Mark umsetzen, davon soll die Hälfte auf Großbritannien, der Rest auf den deutschsprachigen Raum und Frankreich entfallen.

Der Verlust von 3 ,16 Millionen Dollar im ersten Quartal 1983 konnte zum zweiten Viertel um rund 61 Prozent (1,23 Millionen Dollar abgebaut) werden. Und bereits im dritten Quartal waren die 3,81 Millionen Dollar schwarze Zahlen. Vom dritten zum vierten Quartal kletterte der Gewinn um etwa 39 Prozent auf 5,28 Millionen Dollar, während sich vom letzten Jahresviertel 1983 zum ersten Quartal 1984 der Ertrag um 40 Prozent auf 3,27 Millionen verringerte. Schließlich sackte er im zweiten Quartal um knapp 70 Prozent auf 0,89 Millionen Mark ab.

Im dritten Quartal erhöhte sich der Umsatz um etwa 30 Prozent auf "80 bis 85 Millionen Dollar", so Gert Hart. Auch der Gewinn sei gestiegen. Konkrete Zahlen hierzu aber waren nicht verfügbar.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß Compaq weltweit 1000 Mitarbeiter beschäftigt, davon 17 in der Bundesrepublik. Der Vertrieb umspannt weltweit ein Netz von 1650 Händlern, in Deutschland sollen es 85 sein.