Amerikaner koennen Prolinea- und Contura-Rechner direkt in Houston bestellen

Compaq tritt jetzt gegen Dell mit Direktvertrieb in den USA an

26.03.1993

Auf der Angebotsliste von Directplus stehen die Desktop-Rechner "Prolinea" ein 486-"Directpro/i"-PC, drei "Contura"-Notebooks sowie 34 Programme wie "Quattro Pro fuer Windows 1.0", "Wordperfect fuer Windows 5.2" oder "Microsoft Works". Compaq gewaehrt auf alle Geraete drei Jahre Garantie, im ersten Jahr repariert der Kundendienst vor Ort.

Fuer Pfeiffer folgt dieser Schritt aus den vorangegangenen: Mitte 1992 senkte Compaq drastisch die Preise und warf unter den Namen Prolinea und Contura billige Rechner auf den Markt. Seit Herbst kommen die Kunden in den Genuss der Garantie fuer drei Jahre, ausserdem ist seitdem der Kundendienst in Amerika an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr erreichbar.

Marktbeobachter sehen aber den wahren Anlass fuer die Einfuehrung von Directplus woanders: Compaq tritt jetzt gegen die Konkurrenten Dell, Gateway 2000 und Compuadd auf deren angestammten Terrain an. Bisher vertrieb Compaq seine Rechner ueber alle ueblichen Kanaele wie Grosshaendler, Kaufhaeuser oder Fachhaendler. Weil sich dort die Hersteller ineinander verbissen haben und schon neue Marktanteile von einem Zehntel Prozent als Zwischensieg gewertet werden, bleibt Pfeiffers Expansionsdrang nur ein Ventil - der Direktvertrieb.

150 Angestellte werden die Directplus-Auftraege bearbeiten, die bis zu 170 Millionen Dollar in Compaqs Kassen spuelen sollen, zehn Prozent des Gesamtumsatzes in den USA 1992. Spannender als die Frage, ob Pfeiffer diesen Betrag erhalten wird, ist, woher die Umsaetze kommen.

Bis jetzt fuerchten weder Dell und Konsorten noch Compaqs Handelspartner, dass diese Offensive zu ihren Lasten gehen koennte. Die 170 Millionen Dollar muesste also allein das Marktwachstum einbringen.

Zumindest die kleinen Fachhandler koennten tatsaechlich ungeschoren bleiben, wenn die Aussagen von Barbara Krumland, Leiterin des Directplus-Programms, sich bewahrheiten: "Die Preise werden etwas ueber jenen aus dem Einzelhandel liegen."

Hendrik Geissler, Geschaeftsfuehrer der deutschen Dell Computer GmbH, fuehlt sich ebenfalls noch nicht bedroht. Er stuetzt sich dabei zuallererst auf die Zahlen aus dem abgelaufenen Geschaeftsjahr, wo Compaq immerhin 40 Prozent Umsatzwachstum verbuchen konnte, Dell allerdings satte 120 Prozent. Vor allem aber vertraut Geissler auf die langjaehrige Erfahrung seines Unternehmens im Direktvertrieb. Von ihr profitiere die ganze Firma und ihre Mitarbeiter.

"Bei Dell haben etwa 80 Prozent aller Angestellten direkten Kontakt zu den Endkunden, waehrend sich bei Compaq bislang vermutlich nur zwischen fuenf und zehn Prozent um die Belange der Computerbenutzer kuemmern. Dell bespricht zum Beispiel einmal pro Woche die Punkte, welche die Kunden beanstandet haben." In diesem "Customers Advocat Meeting" sammelten die Bereichsleiter diese Probleme nicht nur, sondern ihre Hausaufgabe bis zur naechsten Woche sei, eine Loesung zu finden und vorzutragen - selbst die verspaetete Auslieferung eines PC kommt hier auf den Tisch.

Bis zu Compaqs Auftritt mit dem Directplus-Programm hatte Dell auch keinen Grund fuer groessere Sorgen: DV-Hersteller wie Tandon oder Commodore leiden zur Zeit unter finanziellen Schwierigkeiten und bedrohen Dells Marktanteil nicht. Und auf dem deutschen Markt sank Compaqs Umsatz 1992 im Vergleich zu 1991 um einige Prozent, waehrend Dell auch hier ein Plus von etwa 40 Prozent einfuhr. In den USA geht unterdessen das Ankuendigungsrennen munter weiter: Am 16. Maerz 1993 praesentierte Dell der Presse den Notebook "Dimension", der einen neun Zoll grossen Farb-Monitor mit Passiv- Matrix-LCD hat.

Der tragbare Rechner mit einer 386SL-CPU von Intel kostet zwischen 2000 und 2400 Dollar, abhaengig von der Kapazitaet der Festplatte.