Firmenkunden-Direktbank gestoppt, virtuelle Filiale verschoben

Commerzbank kürzt IT-Budget um ein Fünftel

26.10.2001
Frankfurt/M. (qua) - Auch Banken müssen heutzutage sparen. Die Commerzbank AG will ihre IT-Ausgaben im kommenden Jahr um ein Fünftel kürzen. Die geplante Firmenkunden-Direktbank wird wohl nicht mehr fertig gestellt.

"Aufgrund der guten Ertragslage waren unsere Ausgaben für IT in den letzten Jahren sehr hoch", relativiert Peter Pietsch, Sprecher des in Frankfurt am Main ansässigen Finanzdienstleisters, die geplante Budgetkürzung. Rückblickend seien dabei wohl "die Kosten ein wenig aus dem Ruder gelaufen". Auch wenn der IT-Bereich noch "relativ glimpflich" davonkomme, gelte es hier ebenfalls, "auf die Kostenbremse zu treten".

Konkret plant die Commerzbank, das IT-Budget im kommenden Jahr um 110 Millionen Euro zu kürzen. Das entspricht, so Pietsch, etwa einer Verringerung von 20 Prozent. Auf der Personalseite sollen davon aber weniger die 4000 internen IT-Spezialisten als vielmehr die externen Dienstleistungskräfte betroffen sein, deren Anzahl der Pressesprecher mit bis zu 3000 beziffert. Für den hohen Bedarf an aushäusiger Unterstützung seien mittlerweile abgeschlossene Großprojekte wie Jahr-2000-Anpassung und Währungsumstellungen verantwortlich gewesen.

Daneben will die Commerzbank allerdings auch "das eine oder andere Projekt verschieben beziehungsweise reduzieren", räumt Pietsch ein. Die vorhandenen Ressourcen sollen im Wesentlichen in die Weiterentwicklung existierender Systeme und in solche Vorhaben fließen, die wegen regulatorischer Bestimmungen unverzichtbar seien.

Zu Letzteren zählt beispielsweise die unter dem Titel "Basel II" bekannt gewordene differenzierte Kreditvergabe an Unternehmenskunden. Sie wurde vom internationalen Bankenausschuss verbindlich vorgeschrieben.

Als "nice to have" - und aus diesem Grund erst "auf Sicht" zu realisieren - klassifiziert die Commerzbank hingegen Projekte wie die "virtuelle Filiale". Laut Pietsch ist in Sachen Internet "eine gewisse Ernüchterung eingekehrt", weshalb die Abbildung aller Filialdienste im Web angesichts der angespannten Kostensituation nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste stehe.

Neukunden lassen sich online kaum gewinnenFürs Erste ganz von dieser Liste verschwunden ist die Firmenkunden-Direktbank. Unter dieser Bezeichnung wollte der Finanzdienstleister im Lauf des kommenden Jahres eine Art Online-Broker für Unternehmenskunden in die Selbständigkeit entlassen. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Das Ziel, mit einem solchen Angebot neue Kunden zu gewinnen, ist derzeit kaum erreichbar - zumindest nicht kurzfristig. Folglich wird auch die Entwicklung des zugrunde liegenden Systems auf unbestimmte Zeit verschoben, sprich: eingestellt.

Das Projekt wurde vor einem Jahr begonnen; etwa 50 Mitarbeiter waren darin involviert. So will Pietsch keineswegs verhehlen, dass die Commerzbank für dieses Vorhaben bereits "eine Menge Geld und Know-how investiert" habe. Immerhin könnten die Erfahrungen des Projektteams aber in die Weiterentwicklung des Firmenkunden-Portals einfließen, das als zusätzlicher Kanal für das konventionelle Bankgeschäft diene.