General Manager: IBM wird unter den eigenen Leasingverträgen leiden

Cominvest Data AB will bei Leasinggrößen unterkriechen

15.11.1991

MÜNCHEN (see) - Das DV-Finanzierungsgeschäft der Stockholmer Cominvest AB steht zum Verkauf. Laut Leif Zachrisson, General Manager der Leasingorganisation Cominvest Data AB, übernimmt die Comdisco Inc. Anfang 1992 die Cominvest-Marketing-Aktivitäten in Schweden; AB Vendax erwirbt den Bereich der Financial Services. Die Zukunft der übrigen Niederlassungen in Skandinavien und derjenigen in Deutschland sei noch offen.

Das schwedische Cominvest-Marketing wird als Geschäftsbereich von Comdisco, des weltgrößten herstellerunabhängigen Anbieters von DV-Leasingkontrakten, operieren und in Comdiscos Europa-Organisation integriert werden, teilte Zachrisson mit. Er wird nach eigener Darstellung der Gesellschaft weiterhin vorstehen. Das Gesamtangebot von Cominvest Data in Schweden umfaßt Marketing und Finanzierung von Groß- und Midrange-Systemen (vorwiegend AS/400) sowie das PC-Leasing, über das gegenwärtig noch nicht entschieden sei, so Zachrisson zur COMPUTERWOCHE.

Die schwedischen Financial Services werden für 600 Millionen schwedische Kronen (zirka 164 Millionen Mark) an Vendax, eine 100prozentige Tochter der schwedischen SE Banken, veräußert. Der Grund hierfür nach den Worten des General Managers: Eine eigene Finanzierungseinheit zu unterhalten, mache in Skandinavien keinen Sinn mehr, weil dort ein freier Kapitalmarkt wegen der Hochzinspolitik faktisch nicht mehr existiere.

Unbekannt sind Zachrisson zufolge noch die künftigen Eigner der Niederlassungen in Finnland und Norwegen, die beide nur im Marketing tätig sind, sowie des Zweiges in Dänemark (Marketing und AS/400-Desaster-Recovery). Über einen eventuellen Verkauf dieser Töchter spricht Cominvest allerdings laut Zachrisson ebenfalls mit Comdisco. Noch keine Angaben machen wollte der Schwede zur Zukunft der deutschen Cominvest Data GmbH, München, die als Marketing-Niederlassung sowie als internationale Trading-Zentrale unter Leitung von Brokerage-Manager Willy Stöckl fungiert.

Viele qualifizierte Mitarbeiter gingen

Der Gewinn der Cominvest-Gruppe war 1989 auf nahe Null abgesackt, nachdem er sich von 1985 bis 1988 zwischen drei und vier Kronen pro Aktie bewegt hatte. Im vergangenen Jahr schließlich fiel ein Verlust von gut einer halben Krone pro Aktie an. Gleichzeitig begann für Cominvest eine schwere Zeit, weil viele qualifizierte Mitarbeiter des Unternehmens, vor allem aus dem Sales-Bereich, das Unternehmen verließen. Zachrisson zufolge hat das jedoch die Treue der Kunden kaum beeinträchtigt, weil "95 Prozent ihre Geschäfte mit Cominvest und nicht mit dem Verkäufer" gemacht hätten.

Indes werden nach Zachrissons Überzeugung nur die drei oder vier größten Leasingunternehmen der Welt die kommenden Jahre überstehen. Gezwungenermaßen habe man sich daher entschlossen, die erforderliche Größe zu erreichen, indem man Unternehmensteile bei den Größten des Weltmarktes unterbringe.

Die andere Alternative, innerhalb der nächsten Jahre durch Zukäufe selbst über die kritische, Größe hinauszuwachsen, sei bereits 1989 fallengelassen worden; internationale Zukäufe hätten sich als nicht finanziere bar erwiesen.

Der Cominvest-Data-Chef sieht den Markt für Großsysteme und DV-Leasing in einer schwierigen Situation. Mit Verweis auf die Probleme der IBM im Mainframe-Geschäft stellte er fest, der technische Standard der Hardware eile offenbar der Entwicklung von Software-Applikationen voraus. Die Anwender hätten folglich keinen Bedarf an teuren Großrechnern, die ihnen keinen kalkulierbaren Mehrwert gegenüber den alten Systemen böten, wenn auf denen die vorhandenen Applikationen mit der gleichen Performance liefen.

Marktforscher wie IDC und die Gartner Group, klagte der Schwede, hätten diese Zusammenhänge offenbar nicht ausreichend gewürdigt und in den vergangenen zwei Jahren mit ihren Restwert-Schätzungen für die 3090-Familie kräftig daneben gelegen.

Auch das Verhalten der IBM und ihrer Finanzierungstochter ICC im Leasingmarkt sei von den Experten nicht zutreffend präjudiziert worden. Die unabhängigen Leaser hätten nun unter den Fehleinschätzungen zu leiden. - Anders stelle sich die Situation im Midrange-Bereich dar. Die AS/400 laufe nicht nur für IBM, sondern auch für die DV-Leaser sehr gut, da die meisten Kunden inzwischen ihre Anwendungen von den /36-Maschinen portierten.

Die IBM selbst beziehungsweise ihre Leasingtochter ICC werde unter ihrer gegenwärtigen Politik später zu leiden haben, glaubt Zachrisson. Um Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen und Kundenkontrolle zu erlangen, garantiere ICC den Kunden gegenwärtig die Rücknahme der Leasingmaschinen zu unrealistisch hohen Restwerten: Würden diese Restwerte nach Ablauf der Leasingverträge fällig und träfen die gebrauchten Maschinen auf einen übersättigten Markt, würde IBM sie unter den Übernahmekosten abstoßen müssen. Die Prophezeiung des Skandinaviers: "Dann gibt es auch für Big Blue den finanziellen Big Bang."