IBM im Glück

Comeback des Mainframe

15.02.2010
Von 
Jannis Moutafis ist freier Journalist in München mit den Schwerpunkten Cloud Computing, Cloud-basierte Business-Anwendungen und IT-gestützte Arbeitsprozesse.

Teuer - aber erstklassig

Ähnlich klingt auch die Argumentation von Harald Neugebauer, CIO bei Lexcom. Der Münchner Mittelständler betreibt eine große Ersatzteildatenbank für die Automobilindustrie und hat sich dieses Jahr für einen neuen System-z10-Mainframe entschieden. "Mainframe-Technologie ist teuer, aber dafür bekomme ich auch ein nahezu perfektes Betriebssystem und einen erstklassigen Service. Und darauf kommt es an. Ich muss mich darauf verlassen können, dass das System läuft und dass im schlimmsten Fall ein Problem in kürzester Zeit bis zur Zentrale in den USA eskaliert wird, falls der deutsche und der europäische Service keine Lösung dafür gefunden haben."

Alles andere ist für Neugebauer eine Frage des Return on Investment: "Wenn die Auslieferung meiner Dienstleistung diese Art von System braucht, und ich kann die Kosten in meinem Business-Plan darstellen, dann werde ich mich nicht lange aufhalten lassen." Während kleinere Anwendungen bei Lexcom auf Maschinen der xSeries laufen dürfen, ist das Kernprodukt wichtig genug, um einen Großrechner zu rechtfertigen. "Sie können eine solche Anwendung nicht auf einem Micky-Maus-System betreiben", betont Neugebauer.

Angesichts des sich abzeichnenden Mainframe-Revivals muss IBM keine Konkurrenz fürchten. Seit 2001 ist der IT-Riese nicht mehr dazu verpflichtet, seine Mainframe-Technologie zu lizenzieren. Davor galt 45 Jahre lang ein Gerichtsbeschluss, nach dem IBM genau darauf festgelegt war. Eine erneute Einführung dieser Verpflichtung, um welche die Konkurrenz an allen Fronten kämpft, würde den Verkauf IBM-kompatibler Großrechner wieder möglich machen.

Würden sich Anwender auf Alternativen einlassen? "Mit Sicherheit würden wir sie ernsthaft anschauen", sagt LVM-Mann Isenbeck. So wie viele seiner Kollegen ist er der Ansicht, dass Konkurrenz dem Mainframe-Markt guttun würde. Und das nicht nur wegen zu erwartender Preissenkungen. "Der Wettbewerb würde auch der Plattform selbst nützen. Wir beobachten, dass sich die Technik in Märkten mit offenem Wettbewerb wie dem für die x64-Plattform schneller entwickelt. Grund: Es sind mehr Firmen involviert. Deswegen werden auch mehr Produkte für diesen Markt entwickelt. Die IBM muss deshalb einen Weg finden, Mainframe-Technologie auf breiterer Basis anzuwenden, sonst wird die Plattform noch teurer." (jm)

Rechtstreit ohne Ende

So ärgert Neon Software die IBM

Mit zPrime kann Applikationslast von den Hauptprozessoren eines Mainframes auf für spezialisierte Aufgabenstellungen entwickelte so genannte Specialty Engines heruntergeladen und dort verarbeitet werden.

Damit ist das Lizenzierungsmodell der IBM für ihre Großrechner direkt betroffen: Die System-z-Großrechner werden von Haus aus mit mehr Hauptprozessoren geliefert, als der Anwender im Alltagsgebrauch benötigt. Dieser zahlt an Big Blue zwar nur gemäß der Zahl der tatsächlich benutzten Prozessoren Lizenzgebühren. Allerdings sind diese für die Hauptprozessoren wesentlich höher als für die Specialty Engines. Deshalb haben Anwender natürlich ein Interesse daran, möglichst große Teile der Arbeitslast von den Hauptprozessoren weg und auf die zIIP- und zAAP-Engines zu übertragen.

Das wiederum ist nicht im Sinne der IBM, die diese Spezialprozessoren auf neue Anwendungen wie beispielsweise WebApplikationen oder SOA-basierende Techniken zugeschnitten hat. Nicht vorgesehen war aber, dass Standard-Workloads wie Cics, IMS, DB2, TSO und Batch-Anwendungen auf die Specialty Engines verlagert werden. Genau das aber ist möglich mit der Neon-Software.

Beide Unternehmen prozessieren derzeit gegeneinander. Neon will seine Geschäfte fortführen, IBM will das Vorgehen des Softwarehauses wegen angeblicher Verstöße gegen das Urheberrecht unterbinden. Dabei vertritt Big Blue den Standpunkt, Neons Geschäftsmodell basiere darauf, IBM-Kunden anzuregen, ihre vertraglichen Abmachungen mit dem Konzern zu unterlaufen.

Neon verhalte sich wie ein gewiefter Techniker, der gegen eine Gebühr einen TV-Kabelanschluss so manipuliere, dass die Benutzer Bezahl-TV-Kanäle ansehen könnten, ohne dafür zu bezahlen. Dieses Vorgehen sei vielleicht technisch realisierbar, aber letztendlich illegal und ethisch nicht zu verantworten. IBM habe Milliardenbeträge in sein System z gesteckt, diese Investitionen gelte es nun zu schützen.