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COMDEX: Larry lästert - natürlich über Microsoft

15.11.2000
Oracle-Chef Lawrence "Larry" Ellison beschwor in seiner Keynote einmal mehr das Ende des PCs herauf. Wie nicht anders zu erwarten, musste dabei vor allem Erzrivale Microsoft ordentlich einstecken.

Von CW-Redakteur Ludger Schmitz

LAS VEGAS (COMPUTERWOCHE) - Die Vorstellung eines zunächst unscheinbaren Gemeinschaftsangebots mit Compaq hat Oracle-Chef Larry Ellison auf der COMDEX Fall genutzt, um seine pessimistische Einschätzung der Zukunft des PCs darzulegen. Wie zu erwarten bekam dabei auch Erzfeind Microsoft sein Fett weg.

Ab Dezember 2000 werden Oracle und Compaq - sowie ausgewählte Partner - das Hard- und Software-Bundle "Oracle 9i Application Server Appliance" vertreiben. Es umfasst den Zwei-Wege-Server "Proliant DL360" von Compaq und die Software "Oracle 9i Application Server", hat damit also auch Oracles Performance-steigernde "Web-Cache"-Technologie. [Als Betriebssystem kommt laut Branchendienst "Computergram" übrigens ein aus Solaris und Linux zusammengestückeltes "Noname-OS" zum Einsatz, Anm. d. Red.]. Hinzu kommt auf Wunsch ein Online-Service für automatische Updates und Patches. Die Zielgruppe des Angebots sind vor allem professionelle Betreiber von Websites.

Das vorkonfigurierte System kann nicht beliebig erweitert werden, die beiden Anbieter sind in diesem Punkt restriktiv: Die Performance-Garantie und den Support gibt es nur bei einer Beschränkung auf einen fest umrissenen Kreis von Hard- und Softwarekomponenten, beispielsweise Speichersysteme von EMC. Der Grund laut Ellison: "Zahllose unterschiedliche Systeme können weder wir noch sonst eine Firma testen, tunen und supporten." Oracle macht das für einige sehr große Anwenderunternehmen. "Wir könnten das auch für alle Kunden anbieten", erklärte der Oracle-Chef, "vorausgesetzt, es handelt sich um vorkonfigurierte und bis auf wenige Aspekte identische Systeme."

Für professionelle Web-Anwendungen sei eine chaotische Zusammenstellung von Maschinen und Anwendungen, wie man sie aus der PC-Welt kennt, nicht zu ertragen, so der Oracle-Chef. Nicht nur die ´zig Millionen PCs weltweit seien alle unterschiedlich konfiguriert, sondern üblicherweise auch alle Server. Ellison: "Das macht mich krank."

Für das Chaos sei vor allem Microsoft verantwortlich. Denn dort habe man gedankenlos Wildwuchsentwicklung eines Systems betrieben. Das mache es geradezu notwendig, dass jeder Anwender sich sein individuelles System zusammenbasteln müsse, immer hoffend, dass das Ganze auch irgendwie funktioniere, und oft genug dabei enttäuscht.

Ellison zog einen Vergleich mit der Automobilindustrie. Wer von einer Vertragswerkstatt ein Auto verlange, dass aus Teilen von allen möglichen Herstellern zusammengebastelt sei, werde wohl bestenfalls ein müdes Lächeln ernten. Von Service ganz zu schweigen. Wenn es in der Automobilindustrie so zuginge wie in der DV-Branche, so Ellison, "würde man auch noch Berater von Andersen Consulting brauchen, um ein Auto zu kriegen. Und in der IT braucht man für jedes Projekt auch noch massig Typen mit Klebepistolen, um alles zusammenzukleistern."

Ellison hält es für nicht akzeptabel, dass die Anwender selbst dafür verantwortlich sein sollen, dass Systeme, die die IT-Industrie nur in Einzelteilen zur Verfügung stellt, auch funktionieren. Das habe die Kosten der DV in unerträgliche Höhe getrieben und lasse zu viele Projekte scheitern. Die Anwender brauchten Berater und außerdem noch ganze Heerscharen teurer IT-Spezialisten - "als hätte jeder seine eigene Autowerkstatt".

Allerdings zeichne sich eine Änderung der bestehenden Verhältnisse ab. Anwender und Hersteller nähmen Applikationen von den PCs, so Ellison. "Alles wird auf Server migriert." Für den PC bleiben am Ende nur "Browser, MS-Office um Attachments zu öffnen, und Spiele". Ellison: "Das ist ein Problem für Microsoft. Schließlich wissen sie, dass Konsolen für Spiele besser geeignet sind als PCs. Deshalb bauen sie auch eine."