Web

Comdex: E-Keiretsus dominieren den E-Commerce

15.11.1999

LAS VEGAS (ciw) - Howard Anderson, Gründer und Chairman der Yankee Group, machte in Zusammenhang mit E-Business die Fachpresse mit einem neuen Ansatz bekannt. Demnach werden sogenannte E-Keiretsus den elektronischen Handel unter sich aufteilen. Normalerweise werden große japanische Industriekonglomerate als Keiretsus bezeichnet. Diese vereinen unter einem gemeinsamen Dach eine Reihe von Firmen, die nichts als den Namen und einige Konzernfunktionen miteinander teilen (Yamaha baut zum Beispiel Motorräder, aber auch Musikinstrumente).

Die E-Keiretsus weisen laut Anderson mehr Gemeinsamkeiten auf. Zwar bestehen diese neuartigen Firmenkonglomerate nicht mehr aus 100prozentigen Töchtern eines Konzerns, sondern aus mehr oder weniger über Beteiligungen oder gegenseitige Verträge lose gekoppelte Unternehmen. All diese haben aber nur eines im Sinn: Möglichst viele Kontakte und damit Transaktionen unter den Internet-Nutzern zu gewinnen.

Anderson hat schon sieben Keiretsus ausgemacht, die weltweit um die Vorherrschaft im Web kämpfen. Dabei trägt das Konglomerat den Namen des jeweils wichtigsten Players:

Softbank/Yahoo

Kleiner Perkins Caufield & Byers/Amazon.com/Idealab

AOL

CMGI/Lycos/Altavista

Microsoft

Paul Allen

Disney/Infoseek

Worldcom und AT&T bezeichnet der Yankee-Gründer in diesem Zusammenhang als "Hopefuls", also Companies auf dem besten Weg zum E-Keiretsu.

Ihre Kraft schöpfen die "virtuellen" Keiretsus vor allem aus der Fähigkeit, Kunden innerhalb ihres jeweiligen Web-Imperiums zu halten. "Alle werden Search-Engines, Portale, Aktienhandel, Versicherungen, Breitbandzugänge, Auktionen etc. anbieten", erklärte Anderson in Las Vegas. Unternehmen, die in ihrem Web-Auftritten nicht mit den Keiretsus verbunden seien, dürften es (zumindest global gesehen) sehr schwer haben, sich durchzusetzen, erklärte Anderson weiter. Noch schwerer hätten es allerdings diejenigen Unternehmen, die das E-Commerce-Spiel gar nicht mitspielten.

Bislang noch traditionell agierende Unternehmen müssen laut Anderson schleunigst handeln, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Die Stufen von Ablehnung ("Im Internet hat noch niemand Geld verdient") über Ärger ("Dieses branchenfremde Unternehmen schnappt uns Umsatz weg") und graduelle Akzeptanz ("E-Commerce ist wichtig") müßten rasch in einer aggressiven Adaption enden. "Dabei lautet das allein erfolgversprechende Konzept ´DOB´ - das steht für "Destroy Your Old Business".

Den Internet Service Providern sagte Anderson eine schwere Zukunft voraus. Sie seien zwar wichtig für das Geschäft, aber ihnen fehle die Profitabilität. Deshalb hätten sie mittelfristig entweder die Möglichkeit, sich in Application-Service-Provider (ASPs) zu verwandeln oder als Teil von E-Keiretsus zu agieren.

Neben den Keiretsus hat Anderson im Markt noch vier weitere Unternehmenstypen ausgemacht: "Angreifer", "Verteidiger", "Waffenhändler" und das "Schlachtfeld". Als Angreifer bezeichnet er Firmen wie E-Bay, Charles Schwab, aber auch Amazon.com und Co. Die Verteidiger sind beispielsweise klassische Banken oder Händler. Als Waffenhändler - "sie liefern an jeden, der bezahlt" - gelten für den Yankee-Mann beispielsweise Cisco, Microsoft oder Intel.

Außerdem führte Anderson aus, warum Software-Anbieter in der neuen Welt von Internet und Appliances in große Schwierigkeiten geraten: "Ich will Software wie Getränke kaufen. Trinken will ich dann, wenn ich Durst habe, und soviel wie ich möchte. In der Internet-Welt sind die Zeiten von Pappschachtel-Software vorbei. Die interaktiven Fähigkeiten des Internet drängen die Software-Anbieter in die Defensive."