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"Columbus" greift nach den Sternen

12.02.2008
Von Handelsblatt 
Nach jahrelanger Verspätung hat auch die europäische Raumfahrtbehörde ESA ein festes Forschungslabor im All. Am Dienstag wurde das am Vortag erfolgreich an die Raumstiation ISS angekoppelte Modul "Columbus" in Betrieb genommen. Für die ESA bedeutet dies den Aufbruch in eine neue Ära.

HB WAHSINGTON/OBERPFAFFENHOFEN. Neues Kapitel für die europäische Raumfahrt: Einen Tag nach dem erfolgreichen Ankoppeln an der Internationalen Raumstation ISS ist das europäische Weltraumlabor "Columbus" am Dienstag geöffnet worden. Der Franzose Leopold Eyharts schwebte als erster Astronaut in das Labor, das damit nach jahrelanger Verspätung seine Arbeit aufnimmt. Zusammen mit seinem deutschen ESA-Kollegen Hans Schlegel würdigte er die jahrelangen Vorarbeiten, bevor Eyharts erstmals die Luke öffnete. Die Astronauten untersuchten das 880 Millionen Euro teure Labor eingehend und starteten zusammen mit dem "Columbus"-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen Schritt für Schritt die Systeme vom Licht bis zu Ventilatoren und Kühlsystem. Bis zum späten Abend setzten die Astronauten ihre Arbeiten fort.

Am Mittwoch soll der Deutsche Hans Schlegel (56) gemeinsam mit einem US-Kollegen bei einem Außeneinsatz im All einen neuen Stickstofftank für das äußere Kühlsystem der ISS installieren. Sein ursprünglich für Sonntag geplanter "Weltraumspaziergang" war wegen Unwohlseins abgesagt worden.

"Die visuelle Inspektion verlief gut", sagte Eyhart nach dem Öffnen der Luke zwischen der ISS und "Columbus". "Damit wird ein neuer Abschnitt eingeleitet", ergänzte der ESA-Astronaut und Physiker Gerhard Thiele auf der Internetseite des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen. Von dort aus wird "Columbus" gesteuert.

Zum Schutz vor möglicherweise herumfliegenden Metall- und Glassplittern trug der Franzose bei seiner Inspektion von "Columbus" zunächst eine Maske. Danach mussten verschiedene Dichtigkeitstests vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass "Columbus" kein Leck hat, sagte Markus Bauer von der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA.

Das in Bremen gebaute Labor hatte am Montag nach jahrelanger Verzögerung an der ISS angedockt. ""Columbus" ist jetzt offiziell Teil der ISS", sagte ein Sprecher der US-Weltraumbehörde NASA, nachdem ein riesiger Roboterarm das 13 Tonnen schwere Objekt aus der Raumfähre "Atlantis" gehoben und an seinen Platz transportiert hatte. Die beiden US-Astronauten Stanley Love und Rex Walheim halfen während eines fast achtstündigen Außeneinsatzes mit bei der "Feinarbeit". Schlegel, der wegen gesundheitlicher Probleme für den "Weltraumspaziergang" ausgefallen war, assistierte im Innern der ISS. "Columbus" ist der wichtigste europäische Beitrag zur Internationalen Raumstation. In dem Labor soll zehn Jahre lang das Verhalten von Stoffen, Einzellern und wirbellosen Tieren in der Schwerelosigkeit untersucht werden. Bis das Weltraumlabor voll funktionsfähig ist, kann es aber einige Wochen dauern.

Schlegel bereitete sich am Dienstag auf seinen Außeneinsatz am nächsten Tag vor, der nach Planung der US-Weltraumbehörde NASA rund sechs Stunden dauern dürfte. Schlegel wird dabei von seinem US- Kollegen Rex Walheim begleitet. Er wird nach Thomas Reiter der zweite Deutsche sein, der je im Raumanzug im All schwebte. Schlegel gehe es gut, sagte Bauer. "Es läuft alles nach Plan." Am Wochenende hatte der 56-Jährige US-Medien zufolge an Unwohlsein ähnlich einer Seekrankheit gelitten, weshalb er auf einen Außeneinsatz zunächst verzichten musste.

Ursprünglich sollte "Columbus" bereits im Jahr 2004 ins All. Wegen der Katastrophe der Raumfähre "Columbia" wurden aber alle Flüge über mehrere Jahre eingestellt. Dann war der Start am 6. Dezember 2007 vorgesehen, musste aber wegen defekter Tanksensoren immer wieder verschoben werden. Mit der "Atlantis" konnte das Labor nun endlich ins All gebracht werden.