Tony Thompson von Silver Peak

"Cloud-User vergessen oft die Bedeutung des WAN"

14.10.2014
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.
Wie Tony Thompson von Silver Peak erläutert, bringt gerade Cloud-Computing Weitverkehrsnetze an ihre Leistungsgrenzen.
Tony Thompson, Leiter Produkt-Marketing bei Silver Peak. Das Unternehmen stellt Systeme für die Beschleunigung von Datentransfers über WAN-Strecken her.
Tony Thompson, Leiter Produkt-Marketing bei Silver Peak. Das Unternehmen stellt Systeme für die Beschleunigung von Datentransfers über WAN-Strecken her.
Foto: Silver Peak

CW: Herr Thompson, reichen die Bandbreite und die Qualität der Weitverkehrsnetze in Europa und Deutschland für neue Techniken wie Cloud-Computing aus?

Tony Thompson: Es ist nicht unbedingt eine Frage der Bandbreite. Dienste wie Software as a Service werden über Internet-Verbindungen bereitgestellt. Das heißt, die Qualität von Cloud-Diensten hängst stark vom 'Internet-Wetter' ab: An einem Tag steht eine Cloud-Anwendung in guter Qualität zur Verfügung, am nächsten Tag müssen die Anwender wegen Überlastung von Verbindungen mit inakzeptablen Wartezeiten rechnen. Dieses Phänomen tritt auch in Regionen auf, in denen eine hoch entwickelte Internet- und WAN-Infrastruktur vorhanden ist.

CW: Welche Faktoren bestimmen dieses 'Internet-Wetter'?

Thompson: Das ist zum einen die Distanz zwischen dem Nutzer eines Dienstes und dem Cloud-Rechenzentren. Viele Data Center sind nicht in Deutschland angesiedelt, sondern in anderen EU-Staaten oder den USA. Hinzu kommt, dass es oft nicht an der nötigen Bandbreite fehlt, sondern die Verbindungen qualitative Mängel aufweisen, etwa zu hohe Latenzzeiten und zu große Verlustraten.

CW: Lassen sich diese Problem beheben, wenn Unternehmen bei ihrem Provider Weitverkehrsstrecken mit größerer Bandbreite buchen?

Thompson: Nein, das hilft nicht wirklich. Nach unseren Erfahrungen bleiben von einer WAN-Strecke mit beispielsweise 50 Mbit/s netto teilweise nur 4 oder 5 Mbit/s übrig, wenn der Nutzer nicht die Latenzzeiten und Paketverlustraten der Internet-Verbindung in den Griff bekommt. Das lässt sich mithilfe von WAN-Optimierungssystemen und WAN-Fabrics erreichen.

CW: Was bewirken solche Systeme?

Thompson: Sie ermitteln die optimale Route durch das Internet zu einem Cloud-Rechenzentrum, komprimieren Daten vor dem Transport über WAN-Strecken, filtern mehrfach vorhandene Pakete aus und korrigieren Fehler wie die Übermittlung von Datenpaketen in der falschen Reihenfolge. Außerdem stellen WAN-Optimierungslösungen sicher, dass zeitkritische Daten, etwa Voice over IP, mit Vorrang übermittelt werden.

CW: Bedeutet dies, dass ein Unternehmen dank WAN-Optimierung auf Breitband-Verbindungen verzichten oder Links mit niedrigerer Bandbreite buchen kann?

Thompson: Durch WAN-Optimierung lässt sich die vorhandene Bandbreite besser ausnutzen. Die Performance von Cloud-Anwendungen steigt beispielsweise um den Faktor 20. Aber nicht alleine die Bandbreite ist der entscheidende Faktor bei Anwendungen wie Cloud Computing. Die Qualität der Internet-Verbindung spielt eine wichtige Rolle. Und die hängt beispielsweise davon ab, wie viele Daten ein Service Provider über seine Leitungen schickt und wie stark seine Router und Switches belastet sind.

CW: Ist den IT-Abteilungen überhaupt bewusst, welche Rolle Weitverkehrsnetze in Verbindung mit Internet-Verbindungen beim Cloud-Computing spielen?

Thompson: Dem Weitverkehrsnetz wird zu wenig Beachtung geschenkt. Das kann dazu führen, dass Unternehmen enttäuscht sind, wenn Cloud-Dienste nicht in der gewünschten Qualität zur Verfügung stehen. Doch diese Haltung ändert sich. Allerdings spielt neben der Netzwerkanbindung oft ein weiterer Faktor eine zentrale Rolle: Laut einer Studie von Frost & Sullivan nutzen mehr als 80 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen Cloud-Anwendungen auf eigene Faust, also ohne Wissen und Zustimmung der IT-Abteilung. Auch das kann dazu führen, dass Breitbandverbindungen überlastet werden. Doch dieses Problem lässt sich mit Hilfe von Monitoring-Systemen lösen. (mb)