CIO meets CEO

"Cloud ist bisher nur ein CeBIT-fähiges Schlagwort"

22.09.2009
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.

Oracle: Komplexität verringern

CW: Herr Kunz, was hat Oracle vor? Gibt es da Überschneidungen mit den Plänen von Herr Ramakrishnan?

KUNZ: Natürlich richten wir uns nach dem, was unsere Kunden planen. Aus unserer Sicht ist neben der Operational Excellence die Verringerung der Komplexität einer der wichtigen Treiber. Wir wollen in dieser Hinsicht ein komplettes Portfolio anbieten, das Ihren Anforderungen nicht nur in puncto Features and Functions gerecht wird, sondern auch aus der Prozesssicht, damit wollen wir einen Wertbeitrag leisten. Allerdings reicht ein komplettes Angebot nicht aus. Unsere Produkte müssen sich auch in bestehende IT-Landschaften integrieren und deshalb offenen Standards genügen. Schließlich kann niemand mehr davon ausgehen, beim Anwender der einzige Lieferant zu sein. Wenn Sie die verschiedenen Themenfelder betrachten, Infrastrukturthemen, Middleware-Integration oder Standard-Applikationen, dann müssen wir am Ende des Tages wirklich dem Wertesystem des Anwenders gerecht werden. Für uns könnte die Überschrift daher lauten Konsolidierung und Konzentration.

IT muss Innovationen unterstützen

RAMAKRISHNAN: Ich möchte noch einen Punkt zu meiner Prioritätenliste hinzufügen. IT muss das Kerngeschäft auch mit Innovationen unterstützen. Beispielsweise laufen zurzeit zwei wichtige Pilotprojekte im Unternehmen: Smart Metering und Smart Home. Dabei geht es zum einen um intelligente Stromableser, die den Energiebedarf der unterschiedlichen Geräte exakt messen und zum anderen um die Energiesteuerung im Haus. Mit Hilfe der Steuerung können die Bewohner beispielsweise entscheiden, in welchen Zeiträumen, welche elektrischen Geräte vom Standby-Modus ganz vom Netz genommen werden sollen. Gesteuert und abgelesen werden die Zähler über spezielle Websites. Zurzeit führen wir ein Pilotprojekt im Raum Mülheim durch mit etwa 100 000 Haushalten.

Da sind wir natürlich auch von der IT gefordert, weil wir diese Anwendungen zur Verfügung stellen müssen, inklusive der Web-Oberfläche. Es geht also nicht nur um den Wertbeitrag. Die IT ist auch aufgefordert zu helfen, wenn das Geschäft innovative Projekte aufsetzt. Dabei sind wir übrigens auf Hilfe aus der IT-Szene angewiesen. Solche Anwendungen entwickeln wir nicht auf Vorrat.

KUNZ: Das meinen wir unter anderem, wenn wir von Flexibilität sprechen. Sie betreiben ja bei weitem nicht nur Standard-Anwendungen. Sie innovieren, wie Sie erzählt haben und werden andererseits auch vom Gesetzgeber durch neue Compliance-Regeln (De-Regulierung) getrieben, bestimmte Prozesse zu verändern. Für uns liegt die Herausforderung deshalb darin, Ihnen standardisierte, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen anzubieten, die aber gleichzeitig flexibel sind.

RAMAKRISHNAN: Beim Thema Effizienz, vor allem in der Infrastruktur haben uns die Vendoren durchaus geholfen. Auf der Komplexitäts- und Anwendungsseite können wir das ein bisschen vertiefen. Sie hatten gesagt, dass sich Komplexität auch reduzieren lässt, wenn man sich auf weniger Anbieter konzentriert. Als Anwender wollen wir natürlich nicht nur auf einen Hersteller setzen, sondern wir überlegen im Gegenteil, ob wir nicht ein Stück Komplexität aus der ganzen Geschichte herausnehmen, wenn wir uns auf Lösungen mehrerer Lieferanten verlassen. Schließlich bringt das mehr Flexibilität und vielleicht ist es sogar einfacher, weil die ganze Systemlandschaft durch die Nutzung verschiedener Applikationen besser definiert ist. Beziehen wir alles von einem Hersteller, setzen wir uns zu sehr dem Risiko der Abhängigkeit aus. Die Fachbereiche fragen auch immer: `Warum macht ihr immer alles mit einem Hersteller, vielleicht lassen sich Dinge schneller erledigen, wenn ihr Lösungen verschiedener Vendoren einsetzt`. Daher wünschte ich mir eine bessere Antwort auf die Frage, wie man Komplexität herausnehmen und dabei gleichzeitig die Anzahl der Applikationen reduzieren kann. Allein dadurch sinkt die Komplexität bereits beträchtlich.