Umdenken der US-Regierung?

Clinton-Berater spricht sich gegen Zensur im Internet aus

04.04.1997

Kenner des Washingtoner Parketts werten das Vorpreschen des White-House-Beraters als ein Zeichen dafür, daß die Clinton-Administration nicht mehr geschlossen hinter dem Communications Decency Act steht. Das Telekommunikationsgesetz geriet vor allem wegen seiner Zensurbestimmungen ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik und steht derzeit nach Klagen von Bürgerrechtlern beim Obersten US-Gericht auf dem Prüfstand. Ziel des Gesetzes ist es, im Internet die Verbreitung von pornografischen und staatsgefährdenden Inhalten zu unterbinden.

Entsprechend sorgten jetzt die moderaten Töne aus dem Weißen Haus von Ira Magaziner, Senior Adviser des Präsidenten für politische Fragen, für Verwunderung. Zumal ein hoher Regierungsbeamter, nämlich Generalbundesanwalt Janet Reno, das Gesetz vor dem Obersten Gericht im Auftrag der Regierung verteidigen muß. Magaziner hatte auf einer Konferenz öffentlich bekundet, daß er es befürworte, wenn der CDA bei einer erneuten Vorlage vor dem Kongreß scheitere. Der Präsidentenberater appelliert, auf die Eigenverantwortlichkeit der Bürger zu vertrauen, die durchaus selbst wüßten, was sie sehen und nicht sehen wollten.

Von der Industrie forderte Magaziner dagegen, die Herausforderungen des Cyberspace anzunehmen und mit neuen Technologien nicht nur die Interoperabilität, sondern auch die Privatsphäre der Netizens sicherzustellen. Auch in anderen Punkten verfolgt der Berater einen liberalen Ansatz: So solle die Regierung die Entwicklung des Electronic Commerce sowie elektronischer Zahlungssysteme nicht mit neuen Vorschriften einengen, sondern vielmehr den Markt beobachten und auf freien Wettbewerb vertrauen.