Integration erfolgt auf breiter Basis und in kleinen Schritten:

CIM-Theorie ist der Praxis um Jahre voraus

20.11.1987

MÜNCHEN (cp) - Parallel zur Productronica veranstaltete jetzt die Digital Equipment GmbH ihre erste viertägige Hausmesse, die dem Thema CIM gewidmet war. Wieder einmal zeigte sich, daß bei allen Theorien um die Integration die Praxis ganz anders aussieht: In Fertigungsunternehmen existieren noch immer Insellösungen, die nur in kleinen Schritten miteinander verbunden werden. In diesen Prozeß müssen auch die Mittarbeiter von Anfang an einbezogen werden, denn mit deren Akzeptanz neuer Techniken steht oder fällt die Integration.

Die CIM-Tage sollten dazu dienen, Kunden und Interessenten bei der Entscheidungsfindung zu helfen und Fragen zu diesem Thema ausführlich zu beantworten. DEC selbst will damit Messegesellschaften nicht etwa Konkurrenz machen, sondern auf diese Weise Kundenkontakte besser pflegen. Tiefgreifende Gespräche seien heutzutage auf den Messen kaum noch möglich, erklärte dazu ein Unternehmenssprecher.

Für die Zukunft plant die Nummer eins im technisch-wissenschaftlichen Markt daher eine Mischung aus hausinternen Veranstaltungen und Messebeteiligungen in Form von Beratungen. Erwartet hatte das Unternehmen rund 300 Teilnehmer. Einschließlich der Referenten und Vertreter von Partnerfirmen sei dieses Ziel auch erreicht worden.

Erste Schritte in Richtung Integration

Die CIM-Tage boten Gelegenheit, sich über Detaillösungen und Gesamtkonzepte aus dem Hause DEC zu informieren, Erfahrungsberichte von Unternehmen zu hören, die erste Schritte in Richtung Integration realisiert haben, und Speziallösungen zu begutachten, die von DEC-Partner-Firmen entwickelt wurden.

In einem Gespräch mit Anwendern wurde deutlich, welches die wichtigsten Punkte bei der Einführung von CAD/CAM - einem Teilbereich von CIM - im Fertigungsbereich sind. Grundvoraussetzung ist die Einbeziehung der Mitarbeiter in die Vorbereitungs- und Auswahlphase der Systeme. Enorm wichtig für die Akzeptanz ist außerdem, wie gut die erste Schulung ankommt, daß dabei stufenweise vorgegangen wird und die Mitarbeiter von ihrer Tätigkeit freigestellt werden, erklärte Alfred Haas, verantwortlich für CAD/ CAM-Anwendungen bei den Fischerwerken in Tumlingen. Auch habe es keinen Sinn, Projekte abgegrenzt von der Praxis durchzuführen, da diese dann auf die einzelnen Abteilungen nicht übertragbar seien. Integration lasse sich nur auf breiter Basis und in kleinen Schritten erreichen.

Ferner müsse man beim Kauf der Hard- und Software darauf achten, daß die Systeme - vor allem mit Blick auf die Zukunft - allen Anforderungen entsprächen. Dabei sollte nicht die Investitionssumme, sondern die Funktionalität der Hard- und Software im Vordergrund stehen. Ein unzulängliches DV-System verursache später hohe Zusatzkosten. Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung bei der Einführung von CAD/ CAM sieht Haas als sehr problematisch. Bei einer realistischen Betrachtung lasse sich im Grunde jedes gewünschte Ergebnis errechnen.

Darüber hinaus vertrat Haas die Ansicht, daß auf sinnvolle Weise Anwendungen im Fertigungsbereich mit der kommerziellen DV kaum zu realisieren seien. Dies führe zwar zu zwei DV-Welten, doch mit der Installierung von Ethernet in der kommerziellen DV ergäben sich wieder Berührungspunkte.

Unix hält der DV-Experte für Endanwender zum jetzigen Zeitpunkt für noch nicht empfehlenswert, da es gegenwärtig noch nicht stabil genug sei und die Dokumentation der Entwicklung zwei Jahre hinterherhinke.

Bei Schulungen fehlt häufig der Praxisbezug

Schlechte Erfahrungen mit der Schulung ihrer Mitarbeiter in Sachen CAD-Software machte die Still Otto GmbH in Recklinghausen. Dr. Rainer Worberg, Leiter Technische EDV, bezeichnete die Einweisung in das Softwareprogramm Ruplan durch den Entwickler AEG als schlichtweg katastrophal. Bei Schulungen werde oft der Fehler gemacht, möglichst viele Fähigkeiten des Systems innerhalb kurzer Zeit zu behandeln, wobei die ausgewählten Beispiele oft nicht genug Praxisbezug für die Auszubildenden hätten. Diese konzentrierte Wissensvermittlung übersteige jedoch die Aufnahmefähigkeit der einzelnen Mitarbeiter. Die Thyssen-Tochter erarbeitete sich daraufhin eigene Schulungsunterlagen und bildet inzwischen die Mitarbeiter selbst aus. Dadurch sei viel Zeit verloren gegangen, erklärte Worberg rückblickend.

Systemauswahl fördert Verständnis für CAD

Die Zusammenarbeit mit Herstellern bei der Einführung von CAD war jedoch nicht in allen Bereichen so unbefriedigend. Mit der Installation der DEC-Hardware habe es keine erwähnenswerten Probleme gegeben, und auch die Kooperation mit Ferranti, dem Lieferanten des CAD-Systems und Entwickler von Spezialanwendungen, sei sehr fruchtbar gewesen. Von großem Nutzen war die Erstellung eines detaillierten Anforderungsprofils für die Auswahl des Systems, da gerade dadurch das Verständnis des Auswählenden für CAD deutlich gewachsen sei.