Wer CIM (Computer Integrated Manufacturing) als ein Konzept definiert, das auch den gesamten betriebswirtschaftlichen Bereich und die Bürokommunikation einschließt, der kann sich eine Marktkonstellation vorstellen, die den etablierten DV-Herstellern in den kommenden Jahren mehr Manövrierfähigkeit verschafft.
Die Kommerz-IBM mag, was den Fertigungsbereich betrifft, unbedarft wirken, ja unbedarft sein - daß sie Integration (siehe oben) als Herausforderung und Chance empfindet, wird deutlich, wenn man sieht, wie sie sich auf dem CIM-Ausbildungssektor engagiert (Seite 5).
Für die IBM hat CIM mehr als computerunterstützte Konstruktion und Fertigung zu sein. Zu sehr war Big Blue von den Minicomputer- und Prozeßrechner-Herstellern an den Rand gedrängt worden. Bis heute konnten sich im technischen Feld auch viele Spezialanbieter (BDE etc.) gegen die Konkurrenz des DV-Generalisten behaupten.
Jetzt sollen die Karten neu gemischt werden: Die Suche nach "Alles-aus-einer-Hand"-Lösungen, so das IBM-Kalkül, muß Anwenderfirmen aus der Industrie zwangsläufig auf die CIM-Fährte von Mother Blue führen. Eine zentrale Datenbank, dies die Message, ist Voraussetzung für die Realisierung von CIM.
Nun wird klar, wo der Blue-Barthel den Host holt: Datenbanken sind die Erfolgsnummern, auf die sich das Integrationskonzept stützt. Und die Liste der IBM-DB-Anwender ist beeindruckend. Mit dem enormen IMS-Potential etwa läßt sich schon etwas bewegen. Diese Basis hat die IBM als Sprungbrett für ihre neue Karriere im CIM-Markt ausgeguckt.
Daß der Höhenflug leicht zum Salto mortale geraten kann, ahnen die IBM-Strategen. Die technische Entwicklung ist auch im C-Bereich (CAD, CAM etc.) der Ausbildung vorangeeilt: Es gibt zwar viele Datenbank-Spezialisten, aber nicht genug CIM-Experten. In diese Richtung zielt die Uni-Initiative der IBM. Wo Mother Blue den Knackpunkt sieht, hat ihr agiler Deutschland-Chef Henkel schon wissen lassen: "Ohne den Ingenieur der Zukunft gibt es auch keine Fabrik der Zukunft."
Etwas zuviel "Zukunft": Was auch immer hinter den "gemeinnützigen" CIM-Aktivitäten der Stuttgarter steckt - ihre öffentliche Diskussion könnte fatal werden, wenn die IBM versuchen sollte, das vermeintliche Ausbildungsproblem für PR-Zwecke auszuweiden.
Die CIM-Aspiranten müßten gewarnt sein: Mit einem Uni-Zertifikat ist es nicht getan. Markterfolge, sprich: CIM-Realitäten, lassen sich nun mal nicht herbeireden. Und interessante Posten für Integrationsingenieure werden nicht am Zeichentisch besetzt. Soll die Computer-Industrie doch erst einmal in ihrer eigenen Fertigung zeigen, was sie unter CIM versteht. Das war ja schon was!