CIM-BIM: Vorsicht PR!

28.11.1986

Wer CIM (Computer Integrated Manufacturing) als ein Konzept definiert, das auch den gesamten betriebswirtschaftlichen Bereich und die Bürokommunikation einschließt, der kann sich eine Marktkonstellation vorstellen, die den etablierten DV-Herstellern in den kommenden Jahren mehr Manövrierfähigkeit verschafft.

Die Kommerz-IBM mag, was den Fertigungsbereich betrifft, unbedarft wirken, ja unbedarft sein - daß sie Integration (siehe oben) als Herausforderung und Chance empfindet, wird deutlich, wenn man sieht, wie sie sich auf dem CIM-Ausbildungssektor engagiert (Seite 5).

Für die IBM hat CIM mehr als computerunterstützte Konstruktion und Fertigung zu sein. Zu sehr war Big Blue von den Minicomputer- und Prozeßrechner-Herstellern an den Rand gedrängt worden. Bis heute konnten sich im technischen Feld auch viele Spezialanbieter (BDE etc.) gegen die Konkurrenz des DV-Generalisten behaupten.

Jetzt sollen die Karten neu gemischt werden: Die Suche nach "Alles-aus-einer-Hand"-Lösungen, so das IBM-Kalkül, muß Anwenderfirmen aus der Industrie zwangsläufig auf die CIM-Fährte von Mother Blue führen. Eine zentrale Datenbank, dies die Message, ist Voraussetzung für die Realisierung von CIM.

Nun wird klar, wo der Blue-Barthel den Host holt: Datenbanken sind die Erfolgsnummern, auf die sich das Integrationskonzept stützt. Und die Liste der IBM-DB-Anwender ist beeindruckend. Mit dem enormen IMS-Potential etwa läßt sich schon etwas bewegen. Diese Basis hat die IBM als Sprungbrett für ihre neue Karriere im CIM-Markt ausgeguckt.

Daß der Höhenflug leicht zum Salto mortale geraten kann, ahnen die IBM-Strategen. Die technische Entwicklung ist auch im C-Bereich (CAD, CAM etc.) der Ausbildung vorangeeilt: Es gibt zwar viele Datenbank-Spezialisten, aber nicht genug CIM-Experten. In diese Richtung zielt die Uni-Initiative der IBM. Wo Mother Blue den Knackpunkt sieht, hat ihr agiler Deutschland-Chef Henkel schon wissen lassen: "Ohne den Ingenieur der Zukunft gibt es auch keine Fabrik der Zukunft."

Etwas zuviel "Zukunft": Was auch immer hinter den "gemeinnützigen" CIM-Aktivitäten der Stuttgarter steckt - ihre öffentliche Diskussion könnte fatal werden, wenn die IBM versuchen sollte, das vermeintliche Ausbildungsproblem für PR-Zwecke auszuweiden.

Die CIM-Aspiranten müßten gewarnt sein: Mit einem Uni-Zertifikat ist es nicht getan. Markterfolge, sprich: CIM-Realitäten, lassen sich nun mal nicht herbeireden. Und interessante Posten für Integrationsingenieure werden nicht am Zeichentisch besetzt. Soll die Computer-Industrie doch erst einmal in ihrer eigenen Fertigung zeigen, was sie unter CIM versteht. Das war ja schon was!