Christlich-Soziales Unix

11.12.1987

Unix wird zum Thema der Politik. Der Haushaltsausschuß des Bundestages und der Bundesrechnungshof müssen sich damit befassen - allerdings nicht, weil bei ihnen, wie kürzlich bei der Bundesanstalt für Arbeit, Unix-Rechner installiert würden. Vielmehr läßt die SPD anfragen, "ob es nicht billiger wäre, nur mit einem Anbieter zu arbeiten". Die Unix-Entscheidung im Machtbereich des unionsnahen BA-Chefs Heinrich Franke sei, so SPD-Etat-Experte Wolfgang Siehler, möglicherweise unwirtschaftlich.

Auf dem Diebold-Seminar vom August, auf das sich der Politiker beruft, wurde aber mitnichten Unix madig gemacht, um die MVS-Fahne zu schwingen. Vielmehr referierte ein Unix-Experte der BASF darüber, was in den späten 90er Jahren einmal eventuell die Nachfolge von Unix antreten könnte: ein Betriebssystem namens L, das offenbar derzeit im Umfeld des M.I.T. Aufsehen erregt. Ein Konnex zu Mother Blue ist kaum zu konstruieren, geschweige denn eine Ersparnis durch Einsatz von "L".

Das Abenteuerliche ist, daß die Opposition hier bar jeder Sachkunde dem Bundesrechnungshof Kosten verursacht, bloß um den Schwarzen eins auszuwischen: Unionsliebling Nixdorf und der Nürnberger Christdemokrat als Kollaborateure am Pranger. Die Attackierten könnten die Argumentation leicht umdrehen: Wenn es nur um kurzfristige Budgets geht, ist die Zusammenarbeit mit einem Hersteller (welchem wohl?) vielleicht billiger - eine rotblaue Koalition zwischen Baracke und Big Blue? Allerdings: Mit "linker" und "rechter" Systemsoftware wäre der Proporz doch etwas übertrieben.